Bottrop. Burkhard Scharun leitet mit seinem Bruder Ulrich in vierter Generation den gleichnamigen Fleischereibetrieb. Die Söhne mischen auch schon mit.
Eigentlich war ihm schon in der Grundschule klar, dass er mal in die Fußstapfen von Eltern, Groß- und Urgroßeltern treten will. Burkhard Scharun führt gemeinsam mit seinem Bruder Ulrich Scharun die gleichnamige Biometzgerei in der vierten Generation. Und die fünfte Generation steht mit den Brüdern Jan und Philipp bereits in den Startlöchern. Mit einem Konzept, das auf Bio und Regionalität setzt, trotzt der Familienbetrieb dem Branchentrend. „Eigentlich ist der Metzgerberuf vom Aussterben bedroht“, stellt Burkhard Scharun fest.
Bereits als Achtjähriger in der Wurstküche geholfen
Dass sich die Situation mal so wandeln würde, war in Burkhard Scharuns Kindheit nicht absehbar: „In den 1970er Jahren gab es noch 64 produzierende Fleischereibetriebe in Bottrop und Gladbeck. Heute sind’s nur noch vier oder fünf“, meint der 48-Jährige. Er selbst sei sozusagen zwischen Wurst und Fleisch groß geworden. „Bereits als Achtjähriger hab ich in der Wurstküche geholfen und mit zwölf im Laden Leberkäse verkauft“, erinnert sich Scharun lachend. Schon als Kind habe er also nicht nur gerne Wurst und Fleisch gegessen, sondern sich bereits für das Handwerk interessiert.
So war die Ausbildung zum Metzger – jedoch nicht im elterlichen Betrieb – nach dem Fachoberschulabschluss nahezu selbstverständlich. Nach der Bundeswehrzeit ging’s dann jedoch sogleich im elterlichen Betrieb weiter. „Es gab immer wieder Engpässe, so wurde nichts daraus, erst noch woanders Erfahrungen zu sammeln“, so Scharun schmunzelnd. Und so ist es auch heute: Der Arbeitstag von Burkhard Scharun beginnt morgens früh um fünf und endet etwa gegen 17 Uhr, mitunter auch erst später. Und stehen Gastromeilen auf dem Programm, so wird auch am Wochenende gearbeitet.
Betrieb verarbeitet fünf Tonnen Rohware wöchentlich
Während Bruder Ulrich vor allem die Läden an der Poststraße und in Kirchhellen managt, kümmert sich Burkhard Scharun um die Produktion. „Bereits seit 1993 setzen wir auf Naturfleisch“, erklärt der Metzgermeister. 2002 habe man die gesamte Produktion und den Verkauf auf ein Bio-Vollsortiment umgestellt. „Artgerechte Tierhaltung, der Verzicht auf Medikamente und konventionelle Zusatzstoffe sowie die Fleischqualität liegen mir am Herzen. Und zu 95 Prozent produzieren wir alles selbst“, so Scharun. Etwa fünf Tonnen Rohware verarbeite der Betrieb wöchentlich. „Wir haben allein etwa 250 Wurstsorten im Angebot. Viele Rezepte haben eine lange Familientradition, wie beispielsweise das der Kutscherwurst.“
Doch so viel Wert Scharun auf Traditionen legt, so offen ist er für Wandel und Zeitgeist. „Früher waren Blutwurst, Panhas, Schwartemagen und Leberwurst gefragt, heute wollen die Leute eher Schinken und Wurst in Aspik. Halt alles, was mager ist“, so der Metzgermeister. Der klassische Sonntagsbraten sei ebenfalls seltener gefragt. „Während wir früher jeweils zur Hälfte Wurst und Fleisch verkauften, so ist das Verhältnis heute 80 Prozent Wurst zu 20 Prozent Fleisch.“ Neben klassischen Rezepten probiere man auch immer mal neue Kreationen etwa mit Aloe Vera oder Yoghurt. Gefragt sind aber vor allem die vielen Schinken- und Dauerwurstsorten, „die natürlich reifen dürfen“, so Scharun. So reift eine Dauerwurst etwa vier bis fünf Wochen, ein Wildschweinschinken acht Monate und ein Knochenschinken gar ein Jahr.
Verbraucher haben Essverhalten geändert
Obwohl der Branchentrend Metzgern eine eher düstere Zukunft aufzeigt und Nachwuchs kaum zu finden ist, sieht Burkhard Scharun optimistisch in die Zukunft: „Wir haben auf Naturfleisch gesetzt, lange bevor Fleischskandale die Verbraucher aufschreckten“, so Scharun.
Auch wenn man weiterhin viel Aufklärungsarbeit leisten müsse, so hätten doch viele Verbraucher ihr Essverhalten geändert und seien gesundheitsbewusster. Die Firmen-Philosophie, auf Bio, Spitzenqualität und guten Geschmack zu setzen, habe in der Vergangenheit geholfen, den Betrieb zu erhalten. „Und damit setzen wir uns auch weiterhin von der Konkurrenz der Supermärkte ab“, so Scharun.
Schinken schmeckt dem Chef besonders gut
Seine Söhne Philipp (24) und Jan (22) sind in fünfter Generation bereits in den Familienbetrieb eingestiegen: Während Jan als gelernter Metzger in der Produktion arbeitet, ist Philipp als Koch im Gastronomiebereich des Betriebs tätig.
Doch können Menschen, die tagein tagaus Wurst und Fleisch verarbeiten, diese selbst noch genießen? „Klar“, meint Burkhard Scharun. „Am liebsten esse ich Schinken, aber auch gerne mal ein Steak oder Sauerbraten. Aber keinesfalls muss Fleisch jeden Tag auf den Teller. Aber wenn, dann was Gutes!“