Bottrop. . Gesundheitsdezernent Willi Loeven verspricht nachhaltige Betreuung und fachliche Beratung. Apothekenaufsicht soll neu organisiert werden

  • Gesundheitsdezernent will vor dem Sozialausschuss ein Betreuungs- und Beratungsangebot vorstellen
  • Für eine Kontrolle von Krebsmedikamenten.hält er einheitliche Standards für notwendig
  • Gesundheitsamtsleiter spricht heute im Marienhospital über Konsequenzen aus dem Skandal

Weil die Betroffenen des Krebsskandals sich von der Stadt allein gelassen fühlen, will Gesundheitsdezernent Willi Loeven ihnen ein nachhaltiges Betreuungsangebot machen, das auch fachliche Beratung umfasst. Zudem will er mehr Präsenz der gemeinsam mit dem Kreis Recklinghausen organisierten Apothekenaufsicht vor Ort sicher stellen.

Vor dem Landgericht Essen wird am 13. November der Prozess gegen den Apotheker Peter S. beginnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, von 2012 bis 2016 in 61 980 Fällen Krebsmedikamente abweichend von den ärztlichen Verordnungen dosiert zu haben. Auch soll er gegen Hygiene- und Dokumentationsvorschriften verstoßen haben. In 27 Fällen ist er wegen versuchter Körperverletzung angeklagt. Bei der Abrechnung mit den gesetzlichen Krankenkassen soll S. die Kassen um insgesamt 56 Millionen Euro betrogen haben.

Klagen der Betroffenen

Auf einer Kundgebung in der Innenstadt und bei der Oktober-Sitzung des Sozialausschusses hatten Patienten, die mit Präparaten des Apothekers behandelt worden waren, bittere Klage darüber geführt, dass sie sich von der Stadt im Stich gelassen fühlen. Hans-Jürgen Fischer, ein Sprecher der Betroffenen, hatte es so auf den Punkt gebracht: „Die Ärzteschaft wiegelt ab. Die Staatsanwaltschaft nimmt den Opfern die Möglichkeit der Nebenklage. Die Betroffenen sind vielfach sich selbst überlassen worden.“ Ausschussvorsitzende Renate Palberg (SPD) hatte den Betroffenen versprochen: „„Wir werden dafür sorgen, dass Sie eine Plattform für den Austausch und eine Betreuung bekommen.“

Betreuung und Beratung

Ein solches Betreuungsangebot sei in Arbeit und werde dem Sozialausschuss in seiner nächsten Sitzung vorgestellt, kündigt Loeven an. Dabei solle auch eine fachliche Beratung sicher gestellt sein, auch wenn die Stadt das Geld kosten werde.

Für eine Verhinderung künftiger Verfälschungen bei Krebsmedikamenten reiche eine verbesserte Apothekenaufsicht vor Ort nicht aus, sagte Loeven: „Das Problem lässt sich nicht auf der lokalen Ebene lösen.“ In Gesprächen mit dem Land wirbt er aufgrund der Bottroper Erfahrungen für „einheitliche Standards bei der Prüfung von Zytostatika.“

Städte wollen Medikamente überprüfen

Das wird allerdings auch eine Kostenfrage. Die Stadt Essen hat nach Angaben des WDR angekündigt, Krebsmedikamente überprüfen zu lassen. Möglich mache das ein Erlass des NRW-Gesundheitsministeriums aus dem August. Drei Kommunen haben bereits individuell hergestellte, aber nicht genutzten Krebsmedikamente prüfen lassen. Diese Kontrollen kosteten allerdings mehr als 1000 Euro. Wer das bezahlen soll, sei unklar.

Veranstaltungen zum Krebsskandal

„Was kann die Politik tun, um die Sicherheit der Zubereitung von Chemotherapien zu verbessern?“ Zu diesem Thema referiert Dr. Christian Marga, Leiter des Gesundheitsamtes, beim Patientinnentag im Marienhospital heute um 10.25 Uhr.

„Was hat der Apothekerskandal verändert?“ Diese Frage diskutiert der WDR in seinem „Stadtgespräch“ am Donnerstag, 9. November, ab 20.05 Uhr in der JAG-Aula, Zeppelinstraße 20. Gäste sind Heike Gebhard, Vorsitzende des NRW-Gesundheitsausschusses, OB ◾Bernd Tischler,◾Prof. Stephan Schmitz, Berufsverband der Onkologen, und Dr. Klaus Peterseim, Verband der Zytostatika-Apotheker.

Das Recherche-Netzwerk „Correctiv“ und das NDR-Magazin „Panorama“ stellen am Dienstag, 7. November, ab 20 Uhr im „Café Kram“(Adolf-Kolping-Straße 1) eine Dokumentation über den Krebsskandal vor.