Bottrop. . Zum zweiten Mal demonstrierten Menschen, die ihre Medikamente aus der Apotheke von Peter S. bekamen, in der Innenstadt. Große Betroffenheit.

Sechs Männer tragen einen Sarg durch die Fußgängerzone. Dekoriert ist er mit einem Blumengesteck und zahlreichen Infusionsbeuteln. Zum zweiten Mal haben sich Opfer und Angehörige, die ihre Krebsmedikamente von Peter S. erhalten haben, am Mittwochabend in der Innenstadt getroffen, um zu demonstrieren und auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Wie schon beim ersten Mal gedenken sie verstorbener Patienten und es fließen Tränen. An der Cyriakuskirche stellen Angehörige Kerzen auf oder hängen Fotos ihrer Liebsten an eine Stellwand. Gut 300 Menschen sind unterwegs.

Christiane Piontek hat ein Bild ihrer „Chemo-Tochter“ auf ihrem Pullover. „Wir haben uns während der Therapie kennen gelernt. Sie ist mit 28 Jahren gestorben.“ Die Medikamente der beiden kamen aus der Apotheke von Peter S. Nun unterstützt die 50-Jährige die Forderungen der Patienten.

Die Forderungen der Demonstranten

Neben einer lückenlosen Aufklärung und einer verbesserten Kontrolle solcher Zyto-Apotheken gehören auch eine Fallkontrollstudie und Schadensersatz durch einen Täter-Opfer-Ausgleich zu den Forderungen. „Dabei meinen wir alle Opfer und nicht nur die 27, deren Medikamente durch die Staatsanwaltschaft sicher gestellt wurden“, sagt Initiatorin Heike Benedetti. Sie wirft zudem die Frage auf, inwieweit die Staatsanwaltschaft versagt habe und die Ermittlungen 2013 zu früh eingestellt habe.

Diesmal haben sich auch Oberbürgermeister Bernd Tischler und Sozialdezernent Willi Loeven dem Demonstrationszug angeschlossen. Ihr Fehlen war beim ersten Mal harsch kritisiert worden. Ausdrücklich bedankt sich Heike Benedetti beim OB dafür, dass er sich nun hinter die Betroffenen stelle. Eine Spitze setzt sie jedoch: „Zwar erst nach zehn Monaten aber besser spät als nie.“

Ausschusssitzung war ebenfalls Thema

Auch die Sitzung des Gesundheitsausschusses ist Thema unter den Teilnehmern. Am Dienstag hatten sich die Ratsmitglieder in dem Gremium mit dem Fall befasst. Christiane Piontek war dabei. Ihr Urteil: „Es ist gut, dass nun ein Raum gestellt wird und auch psychologische Unterstützung ermöglicht werden soll.“ Sie habe das Gefühl gehabt, dass die Ausschussmitglieder ehrlich Anteil genommen hätten und betroffen waren. „Gleichzeitig konnte man fühlen, dass auch da eine Machtlosigkeit da ist.“ Gleichwohl habe sie gehofft, dass man sich eher hinter die Betroffenen gestellt hätte.

Hans-Jürgen Fischer hatte für die Betroffenen im Ausschuss reden dürfen. „Die Resonanz war gut und ich glaube, unser Anliegen ist auf fruchtbaren Boden gefallen.“ Gleichwohl weiß er um die begrenzten Möglichkeiten der Politiker. Es gebe aber immer noch viele Fragen, etwa was den Weiterbetrieb der Apotheke betreffe. Klare Vorstellungen hat er auch was künftige Kontrollen angeht. Es gebe nur wenige spezialisierte Zyto-Apotheken in Deutschland. Die Kontrolle sei für Kommunen einfach nicht zu leisten. „Warum schafft nicht eine bundesweite Stelle, die sich ganz darauf konzentriert?“

Zwischenfall am Rande der Demo

Einen Zwischenfall bei der Demo gibt es dann doch noch: Zwei oder drei Teilnehmer wollen in die Apotheke, stehen in der Tür und beschimpfen Mitarbeiter und Kunden. Ordner und Polizisten können die Lage jedoch rasch beruhigen. Zudem begegnen dem Zug auch einige Passanten, die kein Verständnis für die Teilnehmer aufbringen, nach dem Sinn der Demo fragen.