Bottrop. . Christine Jatzek ist seit 1994 pädagogische Mitarbeiterin in der Einrichtung an der Prosperstraße. Sie vermischt Festanstellung und Ehrenamt.
- Christine Jatzek ist seit 1994 pädagogische Leiterin beim Kinderschutzbund
- Der Verein lebt von Spenden und der ehrenamtlichen Mitarbeit vieler Menschen
- Täglich kommen 25 bis 30 Kinder ins Haus, um zu essen, zu spielen und Hausaufgaben zu machen
Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist der Kinderschutzbund in Bottrop ohne seine pädagogische Leiterin Christine Jatzek kaum denkbar. Und Christine Jatzek ohne den Kinderschutzbund? Auch schwer vorstellbar: „Ich bleibe solange meine Gedanken und meine Füße mich tragen“, sagt die 62-Jährige, auch wenn der gesetzliche Ruhestand so ganz fern nicht mehr ist.
Wer hätte das gedacht 1994, als die Spätaussiedlerin als ABM (Arbeitsbeschaffungsmaßnahme) zum Kinderschutzbund kam – und blieb. Ein Großteil der Arbeit hier wird – damals wie heute – ehrenamtlich geleistet und finanziert sich vor allem durch Spenden. So machte Christine Jatzek ehrenamtlich weiter, als ihre ABM auslief, wurde später für 3,5 Stunden täglich eingestellt. Kürzlich wurde ihre Stundenzahl nach über 20 Jahren auf sechs aufgestockt. Als wenn das reichen würde. Christine Jatzek ist morgens die Erste und abends die Letzte. „Wie soll ich das ändern?“, fragt sie und sieht dabei glücklich aus. Angebote mit besserer Bezahlung habe sie stets ausgeschlagen.
Die fehlende Sprache ist die Barriere
„Ich habe das hier so richtig in Schwung gebracht“, stellt sie mit Stolz fest. Da war sie noch gar nicht lange in Deutschland. 1992 ist mit ihrem Mann und den sieben und 15 Jahre alten Kindern aus Schlesien gekommen. Als Spätaussiedler hatte die Familie schon bei der Ankunft alle Papiere zusammen. Der Aufenthalt im Lager Unna-Massen war kurz, Bottrop das eigentliche Ziel. Hier lebten bereits die Mutter und mehrere Geschwister.
In Polen hatte Christiane Jatzek Erzieherin gelernt – oder „Lehrerhilfe“ wie das dort hieß – und schon 17 Jahre in dem Beruf gearbeitet. In Deutschland musste sie das Anerkennungsjahr trotzdem nachholen. Der Start war schwer. „Ich konnte ja kein Deutsch“, sagt sie, auch dem viermonatigen Deutschkurs nicht. „Wir haben damals im 5. Stock gewohnt, aber ich habe lieber die Treppe als den Aufzug genommen“, erinnert sie sich. Im Aufzug hätten ja Nachbarn sein können, die eine Unterhaltung anfangen. . . „Ich verstehe die Flüchtlinge heute gut", sagt sie. „Wir hatten ja sogar die gleiche Kultur und die gleiche Religion, aber die Sprache war die Barriere.“
Bald startet das Sommerferienprogramm
Beim Kinderschutzbund bekam sie es dann vor allem mit Kindern zu tun, deren Muttersprache ebenfalls nicht Deutsch war. „Damals hatten wir hier vor allem türkische Kinder“, erinnert sie sich an ihren Start 1994 in dem alten Haus an der Prosperstraße. Heute kommen vor allem Grundschüler aus dem Stadtteil, viele auch noch wenn sie schon älter sind. 35 bis 40 sind es fast täglich, überwiegend Migranten, auch viele Flüchtlinge.
Sie bekommen Hausaufgabenhilfe und was Warmes zu essen, dürfen spielen, Kummer und Freude teilen und erhalten die Aufmerksamkeit, die zu Hause oft fehlt. Auch die Eltern werden beraten und unterstützt oder an die richtige Anlaufstelle verwiesen.
Es gibt viele Projekte. Das jüngste zum Thema Politik führte einige Kinder neulich als Zuhörer in den Jugendhilfeausschuss. Immer wieder gibt es Auftritte bei Festen mit Theaterstücken, Tänzen und Liedern der Kinder. Und bald startet schon wieder das Sommerferien-Programm (24. Juli bis 11. August). Das Motto diesmal: „Märchen gestern und heute“.