Bottrop. . Jürgen Kroker steht an der Spitze des Bergwerks Prosper-Haniel. Zu seinen Aufgaben gehört es, die Stilllegung der Zeche vorzubereiten.

  • Jürgen Kroker steht an der Spitze des Bergwerks Prosper-Haniel
  • Zu seinen Aufgaben gehört es, die Stilllegung der Zeche vorzubereiten
  • 2020 geht eine ganze Branche zu Ende

Eine Grubenfahrt auf Nordstern in Gelsenkirchen hatte ihn als Abiturient so beeindruckt, dass Jürgen Kroker sich kurzerhand für ein Bergbau-Studium entschied. Heute steht der 60-Jährige an der Spitze der Zeche Prosper-Haniel. Als Bergwerksdirektor bereitet er den Betrieb und die Mannschaft auf die letzte Schicht Ende 2018 vor. Es ist nicht die erste Zechen-Stilllegung, die Kroker erlebt. Aber: „Wenn Prosper-Haniel stillgelegt wird, gibt es in Deutschland keinen Steinkohlebergbau mehr. Eine ganze Branche geht zu Ende.“

Vom Konferenztisch im Büro des Bergwerkdirektors aus hat man einen guten Blick auf den Förderturm von Schacht 10. Vier- bis fünfmal im Monat ist Kroker noch selbst in der Grube. „Es ist keine schöne Aufgabe, ein Bergwerk stillzulegen“, sagt der 60-Jährige, dessen Bürotag um 6.30 Uhr beginnt. „Für einen Ingenieur ist es schöner, neue Schächte zu planen.“

Einiges passierte schon zum letzten Mal

Noch aber wird ja gefördert in Bottrop. 2,5 Millionen Tonnen Kohle werden es 2017 sein, immerhin noch 1,7 Millionen Tonnen in 2018. Eine stabile Produktion, die im Kostenrahmen bleibt, und Arbeitssicherheit sind Themen, um die Kroker sich kümmert.

Gleichzeitig rückt das Ende der letzten Zeche im Revier immer mehr ins Blickfeld. „Seit dem vergangenen Jahr verschieben sich die Aktivitäten hin zum Thema Rückzug und Stilllegung.“ 2016 wurden die letzten Streckenmeter aufgefahren, fand der letzte Durchschlag statt. Trafo-Stationen oder Kabelstränge, die nicht mehr benötigt werden, werden jetzt bereits zurückgebaut. „Wir verkleinern schon peu à peu das Grubengebäude.“

Bis Jahresende gehen 500 Kumpel

Gleichzeitig gibt es immer weniger Kumpel auf Prosper-Haniel. Von aktuell 2500 Mitarbeitern werden bis zum Jahresende 500 gehen. „Meistens über Vorruhestandsregelungen.“ Bei noch Jüngeren werde versucht, sie auf Arbeitsplätze außerhalb des Bergbaus zu vermitteln.

Jürgen Kroker ist ein Kind des Ruhrgebiets – wenn auch kein Sohn einer Bergmannsfamilie. „Ich bin der erste und einzige in der Familie, der im Bergbau arbeitet“, erzählt der gebürtige Gelsenkirchener, der heute in Herten wohnt. Schon als Jugendlicher begeistert er sich für Technik, fasst zunächst ein Maschinenbau-Studium ins Auge. Dann kommt die Weg weisende Grubenfahrt. So studiert der Schalke-Fan nach der Bundeswehrzeit Bergbau in Aachen – auch, weil er damals an die Zukunft der Kohle in Deutschland glaubt.

1985 tritt er ins Unternehmen ein. „Hier habe ich alle klassischen Hierarchieebenen durchlaufen.“ Und verschiedene Standorte kennengelernt. 2010 dann wird er Werksleiter auf dem Bergwerk Auguste Victoria (AV) in Marl, das Ende 2015 schließt. Seit März 2015 führt er auch die Zeche in Bottrop.

Am 1. April 2020 ist Schluss

Die Rückzugsaktivitäten auf Prosper-Haniel sollen laut Plan bis zum 1. April 2020 abgeschlossen sein. Mit dem Ende des Bergbaus im Ruhrgebiet endet auch der Berufsweg von Jürgen Kroker. Sicher hat er dann mehr Zeit für sein Lauf-Hobby. „Die zehn Kilometer sind meine Standardstrecke.“ Und fürs Lesen von Krimis aus dem Dortmunder Grafit-Verlag.

Der 60-Jährige hofft, dass „eine große Leistung des Steinkohlebergbaus“ die Zechenschließung überdauert: die Integrationsbereitschaft. „Die Belegschaft besteht zu 30 Prozent aus Mitarbeitern mit Migrationshintergrund.“ Es gelte der Grundsatz: „Bergmann ist Bergmann – egal, welcher Glaube und Pass.“