Damals, das waren noch Zeiten, und: Früher war alles besser! Rückwärts gewandte Ansichten, die dem Alter geschuldet sind. Alfred Hilp indes ist weit entfernt von dieser Verklärung der „guten alten Zeit“. Vergangenheit wie Gegenwart beäugt er kritisch, auch und gerade mit Blick auf sein Kirchhellen. Am morgigen Sonntag, 26. Februar, wird der frühere Leiter der Bezirksverwaltungsstelle 90 Jahre alt.
Damals, das waren noch Zeiten, und: Früher war alles besser! Rückwärts gewandte Ansichten, die dem Alter geschuldet sind. Alfred Hilp indes ist weit entfernt von dieser Verklärung der „guten alten Zeit“. Vergangenheit wie Gegenwart beäugt er kritisch, auch und gerade mit Blick auf sein Kirchhellen. Am morgigen Sonntag, 26. Februar, wird der frühere Leiter der Bezirksverwaltungsstelle 90 Jahre alt.
Wenn Alfred Hilp die Entwicklung Kirchhellens in den letzten Jahrzehnten Revue passieren lässt, verzieht er kaum merklich sein Gesicht und schüttelt leicht den Kopf: „Der engere Ortskern hat sich zu städtisch entwickelt, das alte Kirchhellen hat stark an Substanz verloren.“ Klar, er vermisst den ländlich und landwirtschaftlich geprägten Dorfkern von einst: „Hier waren zwölf Bauern und Kötter zu Hause, aber kein Betrieb hat überlebt.“ Ebenso bedauert er das Aussterben alten Handwerks wie Stellmacher, Sattler, Schmied oder Holzschuhmacher.
Doch Hilps Alfred ist kein Romantiker und weiß, dass die Moderne nicht aufzuhalten ist. „In der Planung für Kirchhellen wurden dennoch Fehler gemacht. Vor allem gibt es viel zu viele Neubaugebiete. 1945 lag die Einwohnerzahl bei 6000, da waren wir noch ein Dorf.“ Heute sind es etwa 20 500. Die Verwandlung Kirchhellens hat Alfred Hilp in Fakten, Zahlen und Bildern festgehalten. „Als Amtsleiter habe ich 30 Jahre lang Chronik geführt und aus allen Tageszeitungen Artikel über Kirchhellen ausgeschnitten und jahrgangsweise binden lassen. Die Bände habe ich der Stadt übergeben.“ Gleichermaßen 400 Luftaufnahmen, „auf denen man die Veränderungen des Dorfes nachvollziehen, die abgerissenen Häuser sehen kann.“ Er fragt sich allerdings, „wo meine Aufzeichnungen bei der Stadt abgeblieben sind.“
In seinem ganz privaten Archiv hat Alfred Hilp den Wandel bis ins Detail festgehalten: mit Namen und Ortsteil aller 48 Gastwirtschaften, die es 1945 noch gab; sämtliche Tante-Emma-Läden, inklusive lukullischer Köstlichkeiten wie Grüne Heringe aus dem Fass, Rübenkraut aus Eimern oder Petroleum aus dem Tank.
Die im Dorf lange angefeindete „Zwangsehe Bottrop/Kirchhellen“ sieht Alfred Hilp eher als Glücksfall: „Ich habe am Gebietsänderungsvertrag mitgearbeitet und bin überzeugt, dass wir das Beste erreicht haben, was möglich war. Die Bedingungen Kirchhellens sind auch größtenteils erfüllt. Verwaltungsmäßig sind wir sogar besser gestellt als früher mit Recklinghausen!“
Alfred Hilp wurde 1927 als achtes von neun Kindern in Kirchhellen geboren. 1942 begann er eine Lehre in der Verwaltung, damals noch im heutigen Jugend-Kloster. Zwei Jahre später wurde er zum Reichsarbeitsdienst nach Münster-Gievenbeck eingezogen, im selben Jahr geriet der gerade 17-Jährige bei Livorno in Italien in amerikanische Kriegsgefangenschaft.