Bottrop. . Als Angie Manyari 2004 von Peru nach Deutschland kam, sprach sie kein Deutsch und hatte keine Ausbildung. Heute berät sie Flüchtlinge.
- Angie Manyari ist ein Beispiel für gelungene Integration: 2004 kam sie aus Peru nach Deutschland
- Nach Abitur und Studium arbeitet sie heute als Flüchtlingsberaterin bei der Caritas in Bottrop
- Sie hält die Sprache für den ersten Schlüssel zur Integration, dann kommen Arbeit und soziales Umfeld
Über die Vorstellungen, die sie 2004 von Deutschland hatte, kann Angie Manyari heute nur schmunzeln: „Ich dachte, da sind viele Berge und Schnee und die Leute tragen alle komische Trachten.“ Gerade 20 war sie geworden, als sie in Lima Abschied von ihrer Familie nahm und in das Flugzeug stieg, das sie von Peru nach Düsseldorf brachte.
Abwegig findet sie die damaligen Bilder in ihrem Kopf nicht: „Die Leute frage mich hier ja auch: Spielst Du Panflöte? Nein!“ Welche Hürden sie in Deutschland würde nehmen müssen, um ihre Träume zu verwirklichen, das ahnte die junge Frau, die heute bei der Caritas Flüchtlingsberaterin ist, damals aber auch nicht. Sie verließ Familie und Heimat, um studieren zu können, das wäre in Peru niemals möglich gewesen. Deutschland hat sie ausgewählt, weil ihre älteste Schwester schon hier lebte.
Schulabschluss wurde nicht anerkannt
Aber sie sprach kein Deutsch und stellte schnell fest, dass ihr Schulabschluss nach Klasse elf, der in Peru zum Studium berechtigt, in Deutschland nichts wert ist. Also hieß es erst einmal Deutsch büffeln, was 2004 noch nicht so einfach war, da es anders als heute kaum Kurse für Migranten gab. Sie lernte mit Büchern, am Radio und bei Gesprächen.
Einen einmonatigen Deutschkurs für 500 Euro, konnte sie sich nur einmal leisten. Aber sie hat es geschafft und die Aufnahmeprüfung für das Studienkolleg bestanden. Die erste Hürde zum Abitur.
Erst das Abi nachholen, dann studieren
In Münster war das, wo sie später das Abitur gemacht und studiert hat. Der Berufswunsch war nach den eigenen Erfahrungen klar: „Ich wollte in einer Beratungsstelle arbeiten.“ Mit Menschen, die als Flüchtlinge oder Migranten kommen und nicht wissen, was jetzt zu tun ist. Sie hat dann Sozialarbeit studiert und arbeitet schon seit vier Jahren bei der Caritas in Bottrop.
Angie Manyari begegnet dort oft Menschen, die mit vielen Illusionen nach Deutschland kommen und hart in der Realität landen. Es gibt erst einmal keine Arbeit und keinen Familiennachzug und manchmal dürfen sie nicht einmal bleiben. Manche Wege sind heute einfacher geworden als sie es 2004 waren, aber die Materie bleibt kompliziert.
Viele Flüchtlinge haben viele Illusionen
„In den letzten drei Jahren hat es 16 Gesetzesänderungen im Bereich Migration gegeben“, verdeutlicht die Fachbereichsleiterin Bettina Beusing. Die acht Beraterinnen und Berater des Fachdienstes, der in den letzten zwei Jahren ständig steigende Fallzahlen zu bewältigen hatte, müssen sich ständig fortbilden, selber spezielle Einzelfälle recherchieren und sind sowieso alle Spezialisten in bestimmten Bereichen. Die Gelder für ihre Stellen kommen aus verschiedenen Fördertöpfen und müssen jährlich neu beantragt werden.
Weihnachten möchte sie nach Peru
Eines ist heute so klar wie vor 13 Jahren. „Sprache ist der erste Schlüssel zur Integration“, sagt Angie Manyari, „aber es braucht auch Arbeit und ein soziales Umfeld.“ Sie selber hat es geschafft, besitzt seit 2015 auch die Niederlassungserlaubnis.
Manches bleibt ihr verwunderlich an der deutschen Sprache, zum Beispiel Wörter wie „Kuddelmuddel“ oder „Malocher“. Und immer Weihnachten ist ihre Sehnsucht nach ihrer Familie in Peru besonders groß. Nur vier Mal war sie dort seit 2004.