Bottrop. . Hedi (19) überzeugte die Bottroper Friseursalon-Inhaberin Anette Obschinsky. Die Kreishandwerkerschaft unterstützt den Berufseinstieg.

  • Die Kreishandwerkerschaft Emscher-Lippe-West engagiert sich in Programmen für Flüchtlinge
  • Sie schnuppern in Berufsfelder, erhalten Sprachunterricht und machen Praktika
  • Hedi aus dem Irak hat auf diese Weise einen Ausbildungsplatz in Bottrop gefunden

Diese Erfolgsgeschichte beginnt mit einem dreiwöchigen Praktikum: Hedi Hassan Barzani (19), der in seiner Heimat Irak schon als Herren-Friseur gearbeitet hat, hospitiert im Friseur-Salon von Anette Obschinsky. Der junge Flüchtling, der seit knapp anderthalb Jahren in Deutschland lebt, überzeugt die erfahrene Inhaberin. Zunächst wird das Praktikum verlängert – und ab August kann Hedi seine Ausbildung in dem Salon in der Boy beginnen. „Er ist motiviert, er ist talentiert, er möchte lernen – das passt auf ganzer Linie“, ist Anette Obschinsky ganz begeistert. Nur eins gelte es bis zum Sommer noch zu verbessern: die deutschen Sprachkenntnisse.

Doch auch trotz sprachlicher Barrieren konnte der 19-Jährige punkten. „Er kommt gut bei den Kunden an“, erzählt seine Förderin. „Er geht auf die Menschen zu. Und er kann umsetzen, was wir von ihm verlangen.“ So trägt Hedi Farbe auf oder wickelt Dauerwellen – „alles unter Aufsicht“.

Das Handwerk liegt in der Familie

Das Handwerk liegt einfach in seiner Familie, erzählt der ruhige junge Mann: Auch seine Mutter und sein Bruder sind Friseure. Was er als Herrenfriseur in seiner Heimat gelernt habe, sei aber mit den Anforderungen in Deutschland nicht zu vergleichen, ergänzt Anette Obschinsky. Dass er deshalb mit seiner Ausbildung nun praktisch von vorne anfangen muss, „ist ok“, findet Hedi. Die Freude darüber, die Lehrstelle zu bekommen, überwiegt alles andere. „Wenn er einmal fertig ausgebildet ist, ist er mit Sicherheit ein sehr guter Friseur“, glaubt Anette Obschinsky. Und Hedi lächelt.

Zusammengefunden haben die beiden über das Programm „Perspektiven für junge Flüchtlinge im Handwerk“ und die vertiefende Anschlussmaßnahme „Berufsorientierung für Flüchtlinge“, bei denen die Kreishandwerkerschaft Emscher-Lippe-West sich engagiert. „Junge Geflüchtete im Alter von bis zu 25 Jahren, die Interesse am Handwerk haben, schnuppern bei uns in verschiedene Berufe hinein“, erläutert Mona Hinrichs vom pädagogischen Team der Kreishandwerkerschaft. In deren Lehrwerkstätten testen die jungen Menschen, die vom Jobcenter vermittelt werden, verschiedene Handwerke aus. Und sie bekommen Sprachunterricht.

„Mit fünf jungen Flüchtlingen sind wir gestartet“, erläutert Hinrichs. Ein wichtiger Baustein ist die Vermittlung in Praktika bei Betrieben vor Ort, „damit die jungen Leute den Beruf unter deutschen Arbeitsbedingungen kennen lernen.“ Und so war die Kreishandwerkerschaft im Falle von Hedi, der sich mit seinen Vorerfahrungen für das Friseurhandwerk ausgesprochen hat, auf Anette Obschinsky zugekommen und hatte sie gefragt, ob sie das Programm unterstützen würde.

Vorbereitung auf die Ausbildung

„Ich hatte gar keine Erwartungen und wusste nicht, was auf mich zukommt“, erzählt die Inhaberin von drei Salons mit insgesamt acht Mitarbeitern. Nun freut sie sich auf den Nachwuchs an Kamm und Schere – hatte sie doch einfach das Gefühl, den talentierten jungen Mann nicht gehen lassen zu können. Ohne die Begegnung mit Hedi hätte es auch sein können, dass in ihrem Salon in diesem Jahr gar nicht ausgebildet worden wäre, so Obschinsky.

Bis im Sommer die Ausbildung in dem Bottroper Friseursalon beginnt, wird Hedi weiter von der Kreishandwerkerschaft betreut. Aktuell ist der 19-Jährige, der mit seiner Familie in Gelsenkirchen wohnt, drei Tage in der Woche im Betrieb, die restlichen zwei Tage wird er sprachlich und handwerklich auf die Lehre vorbereitet.

Die Programme für junge Flüchtlinge, die vom Bundesbildungsministerium gefördert werden, laufen bei der Kreishandwerkerschaft weiter. „Sie sind wichtig, weil sie den jungen Menschen helfen, in den Beruf zu kommen“, betont Mona Hinrichs. Erklärtes Ziel ist es, die Flüchtlinge ins Ausbildung zu vermitteln, so wie es bei Hedi Hassan Barzani gelungen ist. „Für die Integration in Deutschland spielt der Beruf eine große Rolle.“