Bottrop. . Geboren wurde Erich Schüttauf vor 81 Jahren in Königsberg. Vor 70 Jahren kam er als Waise nach Bottrop. Der Lehrer erinnert sich.
Vor 70 Jahren verschlug es den Königsberger nach Bottrop. Als Erich Schüttauf (81) damals in der Bergbaustadt an der Emscher eintraf, hatte er bereits eine lange, erlebnisreiche und gefährliche Odyssee hinter sich gebracht.
Doch an seine alte Heimat Königsberg in Ostpreußen, dort wo er zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern die ersten Lebenjahre verbrachte, denkt der Fuhlenbrocker auch heute noch oft und gerne zurück, obwohl es für ihn auch schmerzhafte Erinnerungen sind.
Die Eltern starben noch in Königsberg
Schüttaufs Vater überlebte zwar den „Wahnsinn Stalingrad“, wurde nach Königsberg versetzt, wo er später jedoch beim Einmarsch der sowjetischen Truppen fiel. Auch die Mutter von Erich Schüttauf, die Königsberg nie verlassen wollte, starb dort 1946 an den Folgen einer Krankheit. Erich und sein jüngerer Bruder waren nun allein – sie kamen in ein russisches Waisenhaus, in dem sie bis 1947 blieben, um dann über Halle, den Harz und Hamburg schließlich nach Bottrop zu gelangen, wo Erichs ältere Schwester bereits eine neue Heimat gefunden hatte.
St. Vincenz-Waisenhaus stand neben der Martinskirche
Weil in der Bottroper Einraum-Wohnung der Schwester aber kein Platz mehr war, kam Erich 1948 als Vollwaise in das damalige St. Vincenz-Waisenhaus neben der Martinskirche. „Hier blieb ich bis 1952. Es war eine schöne Zeit. Vor allem an Schwester Brunolda erinnere ich mich gerne. Sie hat uns die Musik näher gebracht“, erzählt Schüttauf weiter. Hier entdeckte der gebürtige Königsberger die Liebe zu Gitarre, Mandola und zur Mandoline.
Schließlich stand die Berufswahl an, auf Vorschlag seines Vormundes sollte Erich den Beruf des Bergmannes mit dem Ziel „Fahrsteiger“ erlernen. Doch daraus wurde nichts, statt in die Kohlengrube ging es in eine Konditorei an der Gladbecker Straße.
Abendgymnasium besucht
Mit Bravour bestand Erich Schüttauf hier seine Gesellenprüfung und besuchte nebenbei ein Abend-Gymnasium in Gelsenkirchen. „Eine harte Zeit,“ erinnert sich Schüttauf, der, wie sich bald herausstellen sollte, einmal die Konditorei von Hans Jackelen übernehmen sollte. Er begann aber stattdessen, in Essen und Bochum die Fächer Geschichte, Mathematik und Sport zu studieren. Nach dem Examen ging Erich Schüttauf in den Schuldienst, war lange in der Lehrausbildung tätig und unterrichte bis 1999 an der Overbergschule.
Inzwischen ist der Fuhlenbrocker, der auch gerne Fußball spielte, und einst mit dem legendären Klaus Matischak beim VfB trainierte, aber lieber das Trikot von Rhenania und Welheim überstreifte, 81 Jahre alt. So nebenbei machte er in seinem Leben auch Musik, trat dem Zupforchester Kirchhellen bei, übernahm hier zeitweise den Vorsitz, und leitete 27 Jahre in den Sommerferien zusammen mit seiner Frau Ferienfreizeiten der Caritas. „35 bis 40 Kinder nahmen regelmäßig an diesen Freizeiten teil. Mir hat die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen immer sehr gut gefallen,“ betonte der Fuhlenbrocker, der bei der Caritas auch den Kirchhellener Freizeitleiter Peter Pawliczek kennenlernte.
„Peter hat mich damals von seinem WPZ-Konzept überzeugt, so sagte ich ihm 1998 meine Unterstützung zu. Seit Jahren organisiere ich nun die alljährliche, große Pflanzaktion des Waldpädagogischen Zentrums, denn organisieren macht Spaß“, verrät der vielseitige Senior, der ab und zu noch Geschichten aus seiner alten Heimat und kalten, weißen Wintern erzählt, ohne diese schwere Zeit zu verklären.