Bottrop. . Die Selbsthilfegruppe Adipositas unterstützt stark Übergewichtige. Ein Mitglied nahm 100 Kilo ab
- Die Selbsthilfegruppe Adipositas unterstützt stark Übergewichtige
- Sie zeigt Wege zu weniger Kilos und mehr Gesundheit auf
- Ein Mitglied nahm 100 Kilo ab
Früher dachte Susanne Huesmann, ihr Übergewicht in den Griff zu bekommen, das müsste sie doch aus eigener Kraft schaffen können. Diverse Diäten versuchte sie, die seit ihrer Teenagerzeit auch unter einer schweren Erkrankung der Lymphgefäße in den Beinen leidet – „aber es hat alles nur zeitweise geholfen“. Mit 195 Kilogramm bei einer Körpergröße von rund 1,60 Meter fand sie schließlich nach einer schweren Krise vor knapp vier Jahren zur Selbsthilfegruppe (SHG) Adipositas am Knappschaftskrankenhaus.
Diabetes macht keine Beschwerden mehr
Heute, nachdem sie sich nach monatelangem Ringen zu einer operativen Magenverkleinerung entschloss, wiegt die 54-Jährige noch gut 95 Kilogramm. Der Diabetes Typ II, unter dem sie litt, macht keine Beschwerden mehr. Und: Sie ist wieder mobil, kann auf den Rollator verzichten, nach Jahren selbst ein Auto steuern. „Sie hat nun bei uns den Spitznamen Speedy“, meint Simone Rduch freundlich, und Susanne Huesmann muss gleich lächeln: „Ich gehe heute auf Halden“ – was vor noch gar nicht langer Zeit für sie völlig undenkbar war.
Krankenschwester Simone Rduch, seit 2014 Adipositas-Koordinatorin am Knappschaftskrankenhaus, rief die Selbsthilfegruppe 2009 mit ins Leben, aus eigener Betroffenheit. Seither habe der Erfahrungsaustausch vielen stark übergewichtigen Menschen auf ihrem Weg zu weniger Gewicht und mehr Gesundheit helfen können. „Wir haben in der Gruppe Betroffene, die gar nicht mehr arbeiten konnten – und jetzt wieder voll im Berufsleben stehen“, sagt Rduch. Wer abnehmen will, aber nicht weiß wie, findet hier eine Anlaufstelle.
Krankhaftes Übergewicht beginnt mit einem BMU ab 30
Als adipös, also krankhaft übergewichtig, gilt, wer einen Body-Mass-Index von über 30 hat. „Ist die Grenze von 35 und vor allem 40 überschritten, schaffen es die wenigsten, in Eigenregie ihr Gewicht zu reduzieren“, sagt Simone Rduch. Gesundheitliche und psychosoziale Probleme – „viele haben Stigmatisierung erlebt“ – kommen noch dazu. Eine chirurgische Therapie kann der Ausweg sein – vorgenommen wird diese aber nur, wenn zuvor alle konservativen Methoden nachweislich ausgeschöpft worden sind.
„Man wird in der Gruppe aber nicht zur Operation überredet“, unterstreicht Susanne Huesmann. Auch konservative Methoden der Gewichtsreduzierung sind Thema, jeder soll seinen eigenen Weg finden. Der Austausch mache einfach Mut. „Es wird als gut empfunden, unter Gleichgesinnten offen zu sprechen, ohne sich zu schämen oder blöd angeguckt zu werden“, ergänzt Nadine Niemietz vom Organisationsteam der SHG. Wem sonst möchte man zum Beispiel schon anvertrauen, dass man den Besuch in der Eisdiele meidet – aus Sorge, nicht in den Stuhl zu passen? „Wenn wir gemeinsam frühstücken, denkt keiner: Jetzt isst der noch ein Brötchen“, nennt Nadine Niemietz ein weiteres Beispiel dafür, dass man in der Selbsthilfegruppe nicht unter der Beobachtung steht, die viele sonst aus ihrem Alltag kennen.
Weg noch nicht zu Ende
Der Weg von Susanne Huesmann ist übrigens noch nicht zu Ende: „Ich möchte bis auf 75 Kilo kommen“, sagt die 54-Jährige. Da sich an ihrem Gewicht seit einem halben Jahr nichts mehr tue, soll nun noch ein Magenbypass her. Und später Wiederherstellungsoperationen. Oder wie Dagmar Panka vom Organisationsteam der SHG es formuliert: „Der Anzug wird enger genäht.“
Neue Gruppe angedacht
Jeden zweiten Donnerstag im Monat trifft sich die Operierten-Gruppe innerhalb der SHG Adipositas ab 17.30 Uhr in der alten Personalcafeteria im Verwaltungsgebäude des Knappschaftskrankenhauses (Osterfelder Straße 157). Der nächste Termin ist also der 9. Februar. Jeden dritten Donnerstag im Monat, also das nächste Mal wieder am 16. Februar, kommen die stark Übergewichtigen zusammen, die nicht operiert sind (gleiche Uhrzeit, gleicher Ort). Überlegt wird aktuell, noch eine dritte Gruppe zu einer anderen Tageszeit einzurichten. Um zum Beispiel Alleinerziehende zu erreichen, die am Abend keine Betreuung für ihre Kinder haben.
Neben dem Erfahrungsaustausch sowie Fachvorträgen (zum Beispiel zu Ernährung, Psychologie, plastische Chirurgie) gehören etwa auch Kochkurse oder Stammtischtreffen zum Programm der Selbsthilfegruppe. Und spezielle Sport- und Bewegungsangebote. „Die Sportgruppe hier im Knappschaftskrankenhaus ist stark frequentiert“, berichtet Walter Sommer vom Orga-Team. „Dort gibt es Übungen, die kann man auch als stark Adipöser machen.“ Und man sei – anders vielleicht als im Fitnessstudio – ganz unter Gleichgesinnten. Anmeldung zur SHG: Dagmar Panka, 0157 31 06 36 57; Nadine Niemietz, 0163 366 822 5. Info im Netz: www. adipositaszentrum-bottrop.de