Bottrop. . Der Bottroper drehte einen Dokumentarfilm in der Kölner Obdachlosenszene. Premiere ist am Samstag im Kammerkonzertsaal des Kulturzentrums.

Man wird schnell zum Freiwild auf der Straße, besonders dann, wenn die Leute dich für einen Obdachlosen halten.“ Hüdaverdi Güngör spricht inzwischen aus Erfahrung.

Für seine Dokumentation „Obdachlos“ hat sich der 21-jährige Bottroper vier Tage und Nächte unter die Kölner Wohnungslosen-Szene gemischt. Wie das aussah und vor allem auch, was er dabei von den Obdachlosen selbst in Kurzinterviews und Porträts erfahren hat, ist am Samstag im Kammerkonzertsaal des Kulturzentrums zu sehen.

Güngor hat auch schon für das Recherche-Netzwerk Correktiv gearbeitet

Die Idee für den Streifen des engagierten ehemaligen Schülers der Janusz-Korczak-Gesamtschule entstand, so Güngör, auch bei seiner Arbeit für das Recherche-Netzwerk „Correktiv“. Dort war er für einige Zeit mit Jugendlichen aus dem Ruhrgebiet zusammen. Aber was hat den 21-Jährigen, der vor zwei Jahren für sein Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit mit dem Hermann-Hölter-Preis ausgezeichnet wurde, schließlich dazu bewogen, sich auf der „Platte“ umzusehen?

„Es gibt so viele Situationen, bei denen man den Menschen nur vor den Kopf schaut oder nach dem äußeren Erscheinungsbild beurteilt, das habe ich auch bei mir erlebt und so entstand die Idee“, sagt Güngör. Nach Köln hat es ihn und seine Mitstreiter mit Kamera und Mikrofon gezogen, weil sie hier im Ruhrgebiet womöglich durch Freunde „aufgeflogen“ wären. Außerdem sei die Kölner Szene größer, gemischter.

„Wir haben sogar Leute aus guten Verhältnisse getroffen, die auf der Straße leben“

„Wir, das heißt ein Freund und ein Student, der schon viel Filmerfahrung hatte, haben sogar Leute aus guten Verhältnissen getroffen, die auf der Straße gelandet sind“, erzählt Güngör. Es seien nicht immer die klassischen Schicksale, also Menschen ohne Schulabschluss oder aus prekären Familienverhältnissen, die irgendwann ganz unten landen. Andere wollten einfach aus dem ganzen System aussteigen. „Während der Kölner Tage haben wir fast alles erlebt.“

Auch auf der anderen Seite. „Ein Teil des einstündigen Films besteht ja aus den Interviews mit Obdachlosen. Fast alle sind offen gewesen für unsere Fragen und bei ihren Antworten“, erinnert sich der freiwillige Obdachlose für vier Tage.

Der zweite Teil der Doku zeigt Güngörs eigene Erfahrungen auf der „Platte“

Es habe auch Passanten gegeben, die den Kameramann trotz seines diskreten Abstands bemerkt hätten und fragten, „warum wir den Mann dort filmten, anstatt ihn in Ruhe zu lassen“. Umgekehrt seien die Attacken erwartungsgemäß häufiger und brutaler gewesen.

„Einer wollte dem filmenden Kollegen eine Flasche über den Kopf ziehen, auf dem Kölner Ring sind wir beleidigt und angespuckt worden“, sagt der Jung-Filmer. Der zweite Teil der Doku zeigt die eigenen Erfahrungen auf der „Platte“. Eine regelrechtes Drehbuch habe der Film allerdings nicht. Es seien vielmehr Szenen und vor allem die Interviews, die den streifen strukturierten.

Schon sein Vater hat bei Filmproduktionen mitgearbeitet

Ob er selbst im Medienbereich seine Zukunft sieht, bezweifelt Hüdaverdi Güngör. Zwar sei sein Vater schon bei Filmproduktionen tätig gewesen, aber nach dieser Doku, der Arbeit für „Correktiv“ und zahlreichen sozialen Projekten im Bereich Integration oder bei den „Verfassungsschülern“ möchte er erst einmal eine Ausbildung machen. Wohin für ihn die Reise am Ende gehen wird, weiß er aber noch nicht.

>> PREMIERE AM SAMSTAG

Die Dokumentation „Obdachlos - 4 Tage ein Penner“ hat am Samstag, 7. Januar, um 18 Uhr im Kammerkonzertsaal des Kulturzentrums an der Böckenhoffstraße 30 Premiere. Der Eintritt ist frei.