Bottrop.. Vor 30 Jahren wurde die Orgel in Herz Jesu geweiht. Immer noch ist sie Aushängeschild des Festivals Orgel Plus.
Auf der Orgelbühne, direkt am Spieltisch vor den großen Pfeifen, wirkt das Instrument noch mächtiger. Gut 13 Meter ragen die Pfeifen in die Höhe, die längsten enden erst kurz vor der Decke des Kirchenschiffs der Herz-Jesu-Kirche. Die spanischen Trompeten - also die waagerechten Pfeifen - bilden eine Art Dach über dem Organisten.
„Die Orgel ist der Größe der Kirche angemessen“, sagt Gerd-Heinz Stevens. Der 59-Jährige muss es wissen, schließlich ist als Organist maßgeblich mit verantwortlich dafür, dass seit 30 Jahren die große Orgel in der Herz-Jesu-Gemeinde erklingt. Im Advent 1986 hat der damalige Pfarrer Wilhelm Horstmann die Orgel geweiht. Damit war der seinerzeit größte Orgel-Neubau im Bistum Essen beendet und zugleich die Zeit des Provisoriums in der größten Bottroper Kirche. Nach dem Krieg sei die Orgel in der Kirche „notdürftig zusammengeflickt“ worden. Dieser Zustand reichte hinein bis in die 1980er-Jahre. „Die Orgel war dann schlicht nicht mehr zu gebrauchen.“
Stevens war damals Organist in Herz Jesu und ist es nach einer Unterbrechung inzwischen wieder. „Das ist immer noch mein Lieblingsinstrument. Es gibt keine Orgel, auf der ich so gerne spiele.“ Dann führt er die Besucher durch eine Nische hinter das Instrument. Drei hölzerne Stiegen führen in die Höhe zu unterschiedlichen Plattformen. Die Rückwand besteht aus zahlreichen Türen und erinnert in gewisser Weise an einen Wandschrank. Stevens gibt den Blick ins Innere frei – auf eine Unmenge an Orgelpfeifen in unterschiedlichsten Größen. Von hier hinten können die Pfeifen und auch die spanischen Trompeten gestimmt werden, erklärt Stevens. Und weil eine Orgel ein empfindliches Instrument ist, sind so viele unterschiedliche Türen in der Rückwand. Damit tatsächlich auch immer nur der Bereich geöffnet wird, an dem gearbeitet werden muss.
Gut 3000 Pfeifen füllen die Kirche mit Tönen. Wobei: Teilweise erreichen sie Höhen, die für das menschliche Ohr nicht mehr wahrnehmbar sind. Am Spieltisch kann der Organist 56 Register, also Klangfarben anwählen und auf vier Manualen spielen. So bildet die Orgel ein ganzes Orchester ab. Nicht zuletzt deshalb wird sie als „Königin der Instrumente“ bezeichnet.
Eine Besonderheit der Orgel fällt den Kirchenbesuchern sofort ins Auge, wenn sie von unten hinaufschauen: Vorne auf der Orgel sitzt ein Stern. „Das ist ein Zimbelstern“, erklärt Stevens und betätigt einen Schalter. Der Stern beginnt sich zu drehen und es erklingt ein Glockenspiel. Stevens öffnet eine weitere Klappe und zeigt die Glöckchen, die der Stern anschlägt. Der Stern ist eine Stiftung einer Familie, er erklingt meist zu Weihnachten.
Überhaupt habe die Gemeinde den Bau der Orgel erst möglich gemacht. Rund 900 000 Mark habe sie durch verschiedene Aktionen aufgebracht, darunter auch einige skurrile. „Der damalige Kaplan hat sich gegen Geld den Bart abnehmen lassen“, erinnert sich Stevens. Auch hinter den Kulissen gab es Aufregung. Denn mit Rensch aus Laufen war ein evangelischer Orgelbauer beauftragt worden – in einer katholischen Kirche. „Es gab katholische Mitbewerber, die waren wirklich verärgert“, erinnert sich Stevens.
Die Fertigstellung der Herz-Jesu-Orgel kann auch als Geburtsstunde des Festivals Orgel Plus gelten, das inzwischen weit über die Stadt hinaus bekannt ist. Aus einer Orgelwoche zur Weihe ging es hervor. Und immer noch ist die große Rensch-Orgel Markenzeichen und Aushängeschild. Stevens: „Viele Organisten, die zum Festival kommen, wollen am liebsten hier spielen.“
Am 1. Januar beginnt das 29. Festival, am 2. Januar findet das erste Konzert in Herz Jesu statt. Doch vorher wird die Orgel in den Weihnachtsgottesdiensten brausen – und dann wird natürlich auch wieder der Zimbelstern erklingen.