Bottrop-Kirchhellen. . Nach einem halben Jahr können jetzt schon sechs Kinder zur Privatschule gehen. Sie leben unter ärmlichen Verhältnissen und hätten arbeiten müssen.
- Nach einem halben Jahr gehen jetzt schon sechs Kinder zur Privatschule
- Sie leben unter ärmlichen Verhältnissen und hätten arbeiten müssen
- Begonnen hat die Unterstützung aus einem privaten Engagement heraus
Wenn diese Kinder doch nur zur Schule gehen könnten, am besten in ein Internat - das können ihre Familien aber schon gar nicht bezahlen. Denn die meisten Familien in Otterthotty im indischen Bundesstaat Karnataka sind arm und haben viele Kinder.
In ihrer Not schicken diese Familien die Kinder arbeiten. So schuften die Jungen weit weg von ihrem Zuhause in anderen indischen Bundesstaaten als Tagelöhner in Steinbrüchen. Die Mädchen arbeiten in den Fabriken der Textilindustrie oder bei reichen Familien in den größeren indischen Städten als Hausmädchen.
Pater Periya, Kaplan in der Kirchengemeinde St. Johannes, beschrieb die Not vieler Kinder in dem Staat, aus dem er stammt, zuletzt in einer Beilage des Gemeindebriefes in Grafenwald und Feldhausen besonders anschaulich. Der Kaplan bittet darin um Hilfe für solche Kinder. Seit August unterstützt ihn dabei auch der Förderverein „Zukunft für Otterthotty“. Der Verein ging aus der Katholischen Arbeitsnehmer-Bewegung (KAB) in Grafenwald hervor.
Hilfe lief erst privat an
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Bei dem ersten Hilfsprojekt in dem indischen Ort half Vorsitzender Bernd Windmöller, der Pater Periya vor gut zwei Jahren bei einem Heimatbesuch begleitete, noch privat aus. „Für 1200 Menschen gab es dort einen einzigen Brunnen zur Wasserversorgung“, staunte der Grafenwälder. Also stiftete Windmöllers Familie den Dorfbewohnern erst einmal einen zweiten Brunnen.
Der noch junge Förderverein in Grafenwald zählt jetzt um die 25 Mitglieder und ermöglicht den ersten sechs Kindern den Besuch einer privaten Schule. „Die Abschlüsse einer staatlichen Schule in Indien bedeuten wenig. Nötig sind international anerkannte Schulabschlüsse, sonst bekommen die jungen Menschen einfach keine guten Jobs“, erklärt der Grafenwälder.
Ihre Kinder auf eine solche private Schule zu schicken, ist für viele Familien in Otterthotty unbezahlbar. Einem Mädchen etwa ermöglicht der Förderverein den Collegebesuch in Bangalore, der nächsten größeren Stadt. Das Schulgeld beträgt 650 Euro im Jahr. Fürs Internat kommen pro Monat 65 Euro hinzu - und die Prüfungsgebühren, die jedes Halbjahr fällig werden, belaufen auf 120 Euro.
„Wie soll ein indischer Tagelöhner mit mehreren Kindern so viel Geld aufbringen?“, fragt Windmöller. Allein die Internatskosten könnte er mit seinem Monatsverdienst kaum aufbringen. „Wenn er aber die Prüfungsgebühren nicht zahlen kann, ist auch das Geld für das halbe Schuljahr verloren“, sagt der Vorsitzende des Fördervereins.
Philosophie der Unterstützung
Den Gedanken, einer Familie auf dem Land zum Beispiel beim Kauf einer Kuh zu helfen, haben die Grafenwälder Förderer schnell verworfen. „Damit helfen wir einer Familie eine Zeit lang“, sagt Windmöller. „Wenn wir aber auch nur einem Kind den Schulbesuch bis zum Abschluss finanzieren, helfen wir dessen Familie über Generationen“, betont der Grafenwälder.
Wenn die auf diese Weise geförderten Kinder erst einen gut Job haben, könnten sie es sich leisten, wiederum den Kindern ihrer Verwandten den Schulbesuch zu ermöglichen.
Pater Periya kann die Lage der Menschen in Otterthotty gut nachempfinden. Denn er hat das alles so auch erlebt. „Als ich jung war, gab es Zeiten, in denen ich mich nach einem satt machenden Essen gesehnt habe“, berichtet er den Gemeindemitgliedern von St. Johannes in einer Beilage zum Gemeindebrief.
Ein Missionar als Retter
Erst der französische Missionspriester Pater Marie Redeskini aus der Ordensgemeinschaft „Missions Etrangeres de Paris“ änderte damals seine prekäre Lage. Innerhalb von 40 Jahren habe der französische Priester rund 1000 jungen Leuten zu einer Schulbildung verholfen. „Ich bin einer von den Menschen, denen dieser Priester den Schulbesuch bis zum Abschluss ermöglicht hat“, berichtet Pater Periya. Er sei das älteste von vier Geschwistern. Seine Schwester konnte zwar eine staatliche Schule bis zur achten Klasse besuchen, seine beiden Brüder waren dagegen nur kurz in der Schule: einer bis zur vierten Klasse, der andere verließ die Schule nach dem zweiten Schuljahr.
„Ich konnte dank meiner Schulbildung Priester werden, und werde dem Pater Marie Redeskini mein Leben lang dankbar sein“, meint der Pater. Seine Schwester sei heute Hausfrau. Einer der Brüder arbeite als Tagelöhner auf dem Bau. Der Bruder mit der kürzesten Schulzeit schufte als Tagelöhner in einem Steinbruch.
Seine eigene Familiengeschichte zeige, wie wichtig eine gute Ausbildung im Leben sei. Auch deshalb eifert Pater Periya seinem französischen Mentor heute nach und bittet um Spenden, damit der Förderverein „Zukunft für Otterthotty“ das Schulgeld für die Kinder und Jugendlichen in Otterthotty und Umgebung aufbringen kann.