Bottrop. . Die Bewohnerstruktur in den Seniorenzentren hat sich komplett verändert. Im Ernst-Löchelt-Heim gibt es 204 Plätze, es ist das größte Awo-Heim.
- Die Bewohnerstruktur in den Seniorenzentren hat sich komplett verändert
- Das Durchschnittsalter ist auf 86 gestiegen, vor 15 Jahren lag es bei 75
- Für eine derart gravierende Veränderungen gibt es einen Grund
Die Tür zu einem Altenheim zu öffnen – soviel sei gleich zu Beginn verraten – ist heute beileibe nicht mehr so schwer wie noch vor ein paar Jahren. „Wir haben keine Warteliste mehr“, verrät Peter Schmidt. Er ist Leiter des größten der drei Heime in Trägerschaft der Arbeiterwohlfahrt. Im sechsten Jahr ist er Chef des Ernst-Löchelt-Seniorenzentrums. Das hat 204 Plätze. „Ein Riesenhaus“, sagt Peter Schmidt.
Die Hürde zum Heimplatz ist heute nicht mehr der Mangel, sondern das Pflegegesetz. Denn nur wer eine Pflegestufe (ab 2017 einen Pflegegrad) und eine „Heimnotwendigkeitsbescheinigung“ hat, bekommt auch einen Heimplatz, der durch die Pflegeversicherung finanziert wird. „Das hat zu einer erheblichen Verschiebung bei der Bewohnerstruktur geführt“, stellt der Heimleiter fest.
Viele Bewohner haben Demenz
Noch vor zehn, 15 Jahren lag das Durchschnittsalter in den Heimen bei 75 Jahren, heute liegt es bei 86. 80 Prozent der Bewohner haben dementielle Veränderungen – auch eine Folge des gestiegenen Lebensalters. Im Schnitt beträgt die Aufenthaltsdauer nur noch sechs bis sieben Monate.
„Das hat erhebliche Auswirkungen auf unsere Arbeit. Die psychische Belastung für unser Personal ist sehr viel höher geworden. Und wir brauchen spezielle Angebote was die Freizeitgestaltung angeht“, schildert der Heimleiter.
Eines der besonderen Angebote für Demenzkranke in seinem Haus ist die Tagesbetreuung in vier kleinen Gruppen. Das entlaste die Wohnbereiche und helfe den Demenzkranken, die hier gemeinsam essen und beispielsweise auch den Kräutergarten pflegen. Peter Schmidt ist selber gelernter Altenpfleger. Schon seit 32 Jahren arbeitet der Hertener bei der Arbeiterwohlfahrt, seit 16 Jahren ist er Einrichtungsleiter.
„In der Regel kommen die Leute heute nicht mehr von zu Hause aus zu uns, sondern aus dem Krankenhaus“, erklärt er. Gerne wird die 28-tägige Kurzzeitpflege als Chance genutzt, den Heimaufenthalt auszuprobieren. Manchmal bleiben die Gäste anschließend, manchmal kehren sie erholt ins eigene Zuhause zurück. Mit ins Boot wird an der Stelle häufig die neue Überleitungsmanagerin der Awo geholt, die die Gäste der Kurzzeitpflege darüber berät, mit welchen Hilfen und Hilfsmitteln ihnen die Rückkehr in die eigenen vier Wände erleichtert werden kann.
Ambulant vor stationär
Denn heute gilt der Grundsatz „ambulant vor stationär“, Senioren sollen solange wie möglich eigenständig leben. „Früher gingen die Menschen ins Heim, weil sie im dritten Stock wohnten und die Kohlen für den Ofen nicht mehr hoch schleppen konnten“, erinnert sich Peter Schmidt. So lange wie möglich zu Hause zu bleiben, das ist das, was die meisten Senioren selber wollen – auch Peter Schmidt für sein eigenes Alter.
Und er sagt auch realistisch: „Wir haben nicht den Anspruch, unseren Bewohnern das Zuhause zu ersetzen“, wohl aber, ihnen ein würdiges und zufriedenes Leben zu ermöglichen. Tatsache sei aber auch, dass viele alte Menschen in ihren eigenen vier Wänden total vereinsamen, weil sie selber nicht mehr rauskommen und soziale Kontakte fehlen.
122 Menschen wohnen im Ernst-Löchelt Seniorenzentrum in Einzelzimmern, in denen nur das Pflegebett und der Nachtschrank Pflicht sind, eigene Möbelstücke können mitgebracht werden. Auch 41 Doppelzimmer gibt es noch. Bis Juli 2018 werden etliche abgebaut, dann muss die Einzelzimmerquote laut Pflegegesetz bei 80 Prozent liegen. Umbauten sind dafür in dem an der Bügelstraße vor einigen Jahren kernsanierten Gebäude nicht notwendig. „Wir schieben nur das zweite Bett raus“. Aber auch heute gibt es im Ernst-Löchelt-Heim noch Bewohner, die schon seit Jahrzehnten hier leben.
Zu seinen schönen Pflichten gehört es dieser Tage, der ältesten Heimbewohnerin zu gratulieren. 103 Jahre wird sie alt und lebt seit 20 Jahren im Haus.