Bottrop. Nach der Verhaftung eines Apothekers wegen Unterdosierung von Krebsmedikamenten hat die Staatsanwaltschaft Daten übermittelt.
- Nachricht von der Verhaftung eines Bottroper Apothekers war Stadtgespräch
- Anstoß zu den Ermittlungen soll ein Mitarbeiter der Apotheke gegeben haben
- Einige Kliniken stellen klar, Medikamente nicht aus Bottrop bezogen zu haben
Die Nachricht von der Verhaftung des Bottroper Apothekers lieferte am Freitag das Stadtgespräch. Bundesweit hatten Medien über den Verdacht berichtet, wonach der Apotheker Wirkstoffe in Krebsmedikamenten falsch dosiert haben soll und so die Krankenkassen um 2,5 Millionen Euro betrogen haben soll. Den Anstoß zu den Ermittlungen soll ein Mitarbeiter der Apotheke gegeben haben.
Etwas mehr Klarheit schaffen bei den verunsicherten Patienten und Ärzten könnte eine Datensendung der Staatsanwaltschaft Essen: Sie hat dem Gesundheitsamt am Freitag Informationen übergeben, aus denen hervorgeht, welche Ärzte mit den verdünnten Medikamenten beliefert worden sind.
Stadt will nun Ärzte informieren, die aus Bottrop beliefert wurden
Diese Informationen würden jetzt ausgewertet, meldete das Gesundheitsamt am Nachmittag. Die Stadt will nach eigenen Angaben jetzt vor allem diejenigen Ärzte informieren, bei denen sicher scheint, dass sie von der durchsuchten Apotheke Medikamente erhalten haben. Sie bittet betroffene Patienten, sich mit ihren Anfragen nicht an die Stadt, sondern an den behandelnden Arzt zu wenden. Die weitere Versorgung der Patienten mit Krebsimmuntherapie-Medikamenten sei sicher gestellt: Eine Apotheke aus dem Kreis Soest habe die Belieferung übernommen.
Das sind gleich zwei gute Nachrichten für die betroffenen Patienten und ihre Angehörigen, die am Freitag höchst verunsichert reagierten haben. Einige wissen, dass ihre Medikamente aus besagter Apotheke kamen, andere können noch nicht einmal das mit Gewissheit sagen. Auch in der Lokalredaktion meldeten sich Patienten und wollten wissen, welche Kliniken und Praxen die Apotheke beliefert hat.
Labor in der Apotheke ist geschlossen worden
All das ist im Moment noch Gegenstand der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Nach Informationen der WAZ hat der Apotheker Kliniken und Praxen im gesamten Ruhrgebiet, im Düsseldorfer Raum und am Niederrhein beliefert. Das Labor, in dem die vermutlich verdünnten Medikamente hergestellt worden sind, sei inzwischen geschlossen worden, meldete die Stadt gestern. Ein Arzt hat bereits am Donnerstagabend begonnen, betroffene Familien von sich aus anzurufen und zu informieren.
Stiftung Patientenschutz fordert eine Anlaufstelle
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz aus Dortmund fordert das NRW-Gesundheitsministerium auf, „umgehend eine Anlaufstelle für die Betroffenen einzurichten.“ Belieferte Praxen und Kliniken seien den Behörden bekannt. Jetzt hat auch die Stadt diese Daten.
Oberstaatsanwältin Anette Milk machte auf WAZ-Anfrage keine Angaben über mögliche Ermittlungen gegen weitere Beschuldigte im Umkreis des Apothekers.
Therapie gilt als Hoffnungsträger
Die Apotheke aus Soest soll nun dafür sorgen, dass die Medikamentenversorgung für die Patienten gesichert ist. Beim Knappschaftskrankenhaus gibt es ohnehin es keine Lücken, sagt Sprecher Marcel Badura. „Wir erhalten die Medikamente von der Zentralapotheke der Knappschaft.“ Und auch das Universitätsklinikum, das Westdeutsche Tumorzentrum, die Ruhrlandklinik und das St. Josef-Krankenhaus aus Essen haben sich bereits geäußert und klargestellt, ihre Medikamente nicht von der Bottroper Apotheke bezogen zu haben.
Dort wurden Mittel für die so genannte Immuntherapie hergestellt. Die gilt als Hoffnungsträger der Medizin, vor allem beim schwarzen Haut- und Lungenkrebs. Mit der Therapie ist es vermehrt gelungen, die menschliche Abwehr gegen bösartige Zellen zu stärken, die sich vor dem Immunsystem „verstecken“. Für viele Patienten bedeuteten die modernen Medikamente eine Lebensverlängerung.
Ermittlung wegen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
Wenn die Arzneimittel allerdings verdünnt werden, wie die Staatsanwaltschaft es dem Bottroper vorwirft, liegt ein Verstoß vor gegen das Arzneimittelgesetz. Das verbietet, Arzneimittel herzustellen, die „durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind.“