Bottrop. . Gefährliche Erreger kommen zwangsläufig ins Krankenhaus. Doch mit einem verästelten Risiko-Management kann ihnen begegnet werden.

  • Gefährliche Erreger kommen zwangsläufig ins Krankenhaus
  • Mit einem verästelten Risiko-Management kann ihnen begegnet werden
  • Auf dem WAZ-Medizinforum stellen Experten ihren Kampf gegen Keime vor

Keime waren lange vor dem Menschen da, und sie sind sein ständiger Begleiter. Sie sind überall, auf der Haut, in den Haaren, im Mund, unter den Fingernägeln. Am stärksten vertreten sind sie im Darm, wo sie überlebenswichtige Verdauungsarbeit leisten. Andere sind lebensgefährlich oder sind es geworden. „Krankenhauskeime“ etwa. Wird das Krankenhaus zunehmend zum Risiko, hieß denn auch die provozierende Frage auf dem WAZ-Medizinforum im Knappschaftskrankenhaus.

„Nur wer offensiv und öffentlich mit dem Thema umgeht, kann etwas bewirken.“ Davon ist Prof. Dr. Gernold Wozniak, Ärztlicher Direktor und Chefarzt, überzeugt. Er stellte den Teil des Risiko-Managements vor, der am KKH auf die Eindämmung von Keimen zielt. Und das schon seit geraumer Zeit. Eine Vielzahl von Maßnahmen, die zum Teil über das gesetzlich geforderte Maß hinausgehen, hat das Haus bereits eingeführt. Und es erzielt Erfolge, wie in eine Rangliste ausweist, die beim Robert-Koch-Institut geführt wird.

Hygiene ist der Feind der Erreger

Prof. Dr. Gernold Wozniak, Chefarzt und Ärztlicher Direktor am Knappschaftskrankenhaus.
Prof. Dr. Gernold Wozniak, Chefarzt und Ärztlicher Direktor am Knappschaftskrankenhaus. © Frank Oppitz

Stichwort Hygiene. Oberarzt Dr. Reinhard Welp ist der Hygiene-beauftragte Arzt am KKH. „Wir haben es mit Bakterien, Pilzen und Viren zu tun. Sie haben die unangenehme Eigenschaft, sich rasend schnell zu vermehren.“ Weil sie vielfach von außen ins Krankenhaus getragen werden, ist das so genannte Screening, die Überprüfung auf bestimmte gefährliche Keime, zum Eingangsstandard geworden. Im kritischen Fall kann das zu einer isolierten Unterbringung führen, was sowohl für den Patienten wie fürs Personal eine Belastung bedeutet. „Aber in Wirklichkeit tun wir etwas Gutes für den Einzelnen wie auch für alle anderen“, sagte Wozniak.

Es gibt Patientengruppen mit einem erhöhten Risiko, stellte Welp fest. Zum Beispiel Dialysepatienten oder auch Patienten mit offenen Wunden. Es gibt eine Patientengruppe, die besonders häufig durch problematische Keime auffällt. „Das sind Patienten, die aus Seniorenheimen zu uns kommen“. Dort würden und müssten andere hygienische Standards gelten als in einem Krankenhaus.

Übertragungswege

Bei den Übertragungswegen unterschied der Hygiene-Spezialist zwischen direkter und indirekter Übertragung. Er schilderte, dass trotz erfüllter Standards nicht jede Verbreitung verhindert werden könne. „Wenn ein Keim etwa an der Oberfläche eines Katheters Kontakt bekommt, kann es passieren, dass er Einlass in den Körper findet.“ Daher sei die Analyse auf Ursache und Wirkung so wichtig, um anschließend Maßnahmen zur Eindämmung zu treffen. Handdesinfektion spiele eine wichtige Rolle in den Hygieneauflagen. „Es wäre viel gewonnen, wenn sich jeder Besucher und Patient daran hielte.“

Behörde als Kontrolleur und Berater

Dr. Christian Marga, Leiter des Gesundheitsamtes Bottrop, stellt die Arbeit der Behörde vor..
Dr. Christian Marga, Leiter des Gesundheitsamtes Bottrop, stellt die Arbeit der Behörde vor.. © Frank Oppitz

Dr. Christian Marga leitet das Bottroper Gesundheitsamt und damit die untere Aufsichtsbehörde für Krankenhäuser. „Der Hygienestandard muss hoch sein. Das bedeutet auch eine hohe Eigenverantwortung für die medizinischen Einrichtungen“, stellte er vor den gut 60 Zuhörern auf dem WAZ-Medizinforum fest. Der Gesetzgeber habe auf die vorhandene Situation reagiert und sowohl Rechtsvorschriften wie auch detaillierte Empfehlungen verabschiedet. „Wir überwachen ihre Umsetzung durch Kontrollbesichtigungen. Dabei lassen wir uns alle Stationen und noch einiges mehr zeigen.“ Doch man sei nicht nur Kontrolleur, unterstrich Marga. Unter der Regie des Gesundheitsamtes habe sich schon vor Jahren ein Gremium gebildet, in dem Vertreter aus dem Gesundheitswesen, inzwischen auch aus Seniorenheimen, regelmäßig Erfahrungen und Kenntnisse austauschen. „Die Behörde bringt sich also als Berater und Koordinator ein.“

Multiresistente Erreger

Im Laufe des Abends kamen immer wieder die so genannten multiresistenten Erreger zur Sprache. Das sind Bakterien, die sich an ihre Vernichter, die Antibiotika, angepasst haben und dann auf herkömmliche Weise nicht mehr bekämpft werden können. Mit teils tödlichen Folgen.

Vor diesem Hintergrund beleuchtete Prof. Wozniak ein erschreckendes Mengenverhältnis: Nur ein Drittel der hergestellten Antibiotika wird den Menschen verabreicht. Zwei Drittel gehen in die Massentierhaltung. „Wir wollen ja alle billig Fleisch essen.“ Resistente Keime seien hier die Folge. Sie gelangten über das Fleisch als Nahrung auch in den menschlichen Körper. „Auf diesem Gebiet hat meines Erachtens der Gesetzgeber noch einiges zu leisten.“