„Fertig“, sagt Deniz Kopan und legt die Tattoonadel zur Seite. Die Kundin atmet auf und betrachtet ihren Unterarm. Zu sehen sind die Namen ihrer drei Kinder unter dem Schriftzug „Dies ist mein Leben“. Sie lächelt zufrieden. Drei Sitzungen hat es gedauert, bis das persönliche Tattoo fertig geworden ist.

„Für viele Leute stehen die Erinnerungen im Vordergrund, die Motive sollen eine Bedeutung haben“, erklärt Kopan. „Das ist etwas, was man nicht so schnell bereut.“ Schon lange ist er Tätowierer und kennt sich in der Szene aus. Angefangen hat alles mit einem Laden in Essen, bis es ihn schließlich vor sieben Jahren nach Bottrop trieb. Hier eröffnete er „Glückauf“ - ein Tattoostudio an der Gladbecker Straße, das seine Verbundenheit zum Ruhrpott widerspiegelt. „Ich bin damals durch Zufall nach Bottrop gekommen. Mittlerweile finde ich es hier zum Wohnen viel schöner als in anderen Städten im Ruhrgebiet.“

Entspannte Konkurrenz

Kopans Studio war das zweite, das sich auf der Straße angesiedelt hat, inzwischen gibt es einen weiteren Tätowierer. Kopan konnte sich in den letzten Jahren eine Stammkundschaft aufbauen, „von Hausfrauen bis Anwälte ist alles dabei“, sagt er lachend. „Das liegt daran, dass Tattoos in den letzten Jahren immer gesellschaftsfähiger geworden sind.“ Kopan versucht, in seinem Laden ein breites Stil-Spektrum umzusetzen: mal fertigt er Schriftzüge, mal bunte Tattoos. Sein Spezialgebiet ist „Grey Shading“, ein Stil, bei dem vor alllem mit Schattierungen gearbeitet wird. Die Motive sind eine Mischung aus der Idee des Kunden und seiner künstlerischen Fähigkeit.

Traut sich Kopan etwas nicht zu, schickt er den Kunden ein Studio weiter. „Das ist das Schöne an der Szene: Man kommt mit den Konkurrenten besser klar, es gibt keine Anfeindungen und man empfiehlt sich gegenseitig.“

Ein paar Häuser weiter wartet Ron Raida auf seinen nächsten Kunden. Der gelernte Grafiker hat während seiner Ausbildung angefangen zu tätowieren. Das war nicht geplant. „Der Gedanke daran, anderen Menschen ein Bild unter die Haut zu stechen, hörte sich für mich immer nach viel zu viel Verantwortung an. Irgendwie hat sich das dann aber doch ergeben“, sagt Raida. Sein erstes Tattoo hat er sich mit 18 Jahren selbst gestochen - der Startschuss für seine Leidenschaft als Tätowierer.

Arbeit im Team

Obwohl es sein Studio „Zeitgeist“ erst seit drei Jahren gibt, kommen Kunden aus ganz Deutschland. Auch prominente Personen hatte er schon unter der Nadel. Den Sänger von der Punk-Band Rancid zu tätowieren, sei etwas Besonderes gewesen. „Er wollte eine kurvige Wikingerfrau auf der Haut haben“, erinnert sich Raida. In seinem Studio versucht er ebenfalls, möglichst viele Stilrichtungen abzudecken. Dabei hilft ihm ein Team aus sechs Leuten. Was er nie tätowieren würde? „Politisches“, sagt Raida. „Sowas gehört nicht auf die Haut, denn die Einstellungen der Menschen können sich im Laufe des Lebens ändern.“ Auch Kopan hat sich eine Grenze gesetzt, er würde nie Motive tätowieren, die andere Personen verletzen könnten.

Wie sich die Szene weiterentwickeln wird, können die beiden Tätowierer schlecht einschätzen. „Ich hoffe, dass es hier weiterhin so klein und persönlich bleibt“, sagt Raida. „Wir bieten hier in der Straße schließlich fast jeden Stil an.“