Der Name „Haus der Vielfalt“ würde sicherlich den Erbauer des Hauses Gerichtsstraße 3 erfreuen. Erst seit September trägt das Gemäuer diesen Titel. Die Nutzer, die hier viele Beratungsangebote unter einem Dach anbieten, haben es so getauft. Erst 1930 konnte dieses Gebäude nach zweijähriger Bauzeit bezogen werden. Konzipiert hat dieses Haus, es ist die „Nummer 133“ auf der umfangreichen Arbeitsliste, der bekannte Gelsenkirchener Architekt Josef Franke, der von 1876 bis 1940 lebte.
Erster Auftrag in Bottrop im Jahr 1912
Als sehr vielfältig kann man auch das Lebenswerk des großen Revierarchitekten bezeichnen, denn der in Wattenscheid geborene Franke schuf nicht nur Wohnhäuser, sondern auch Schulen, Verwaltungsgebäude und Kirchen. Heute gilt Josef Franke längst als „Meister des Backsteinexpressionismus“. Im Laufe seines langen Berufslebens hat der Architekt auch Bottrop seinen „Stempel“ aufgedrückt. Innerhalb von nur 18 Jahren leitete der Gelsenkirchener in Bottrop unter anderem den Bau von vier Kirchen und fünf Wohnhäusern.
Seinen ersten Auftrag aus Bottrop erhielt Josef Franke bereits 1912. Damals ging es um den Bau der St. Michael-Kirche an der Glückaufstraße. Es folgte der Bau eines Wohnhauses für die Familie Schipper an der Humboldtstraße. Daran schlossen sich die Kirchenbauten von St. Josef, St. Ludgerus und Herz-Jesu an.
Neben dem Haus Sproedt (ebenfalls Gerichtsstraße) entwarf Franke noch das Haus Hellmann (Bogenstraße) und das Haus Nuphaus (Luise-Hensel-Straße). Auch der Bau des Pfarramtes von St. Cyriakus gehörte zu seinem umfangreichen und vielfältigen Arbeitsfeld.
Die von Franke geschaffenen Gebäude sind größtenteils noch erhalten und stehen längst unter Denkmalschutz. Nachweislich tragen über 160 Bauwerke – meist im Ruhrgebiet – die Handschrift des Gelsenkirchener Architekten.
Das heutige „Haus der Vielfalt“ wurde noch bis Ende der 1980er-Jahre vom Sohn des Erbauers, Ex-MdB Dr. Franz-Josef Mertens, bewohnt. Danach zog hier der Paritätische Wohlfahrtsverband ein, der nun zusammen mit dem Blindenverein, der Rheumaliga oder Hevalti für Vielfalt sorgt. In Bottrop gibt es inzwischen über 110 Denkmale, darunter auch des ehemalige „Mertenshaus“.