Bottrop. . Für rund 9,5 Millionen Euro soll das historische Gebäude instand gesetzt werden. Am Ende soll es komplett barrierefrei sein. Ehemalige Arrestzellen werden für Besucher geöffnet

  • 9,5 Millionen Euro sind für die Sanierung eingeplant
  • Am Ende soll das historische Gebäude komplett barrierefrei sein
  • Ehemalige Arrestzellen werden restauriert und zur Besichtigung freigegeben

100 Jahre ist das Rathaus alt; der Flügel zur Kirchhellener Straße hin ist sogar noch älter. Nun wird das historische Gebäude auf den Stand gebracht. 9,5 Millionen Euro sind dafür einkalkuliert, während der Bauphase muss die Verwaltung ausziehen und anderweitig unterkommen. Doch was wird eigentlich genau gemacht? Eine Übersicht über die großen Baustellen.

Barrierefreiheit

Nach der Sanierung soll das gesamte Gebäude barrierefrei sein. Wer das Rathaus kennt weiß, dass das nur mit großem Aufwand zu erreichen ist. Denn im Gebäude gibt es zahlreiche Treppen und verschiedene Ebenen. Zwei Beispiele: Der Flügel zur Kirchhellener Straße liegt tiefer als das Hauptgebäude. Die Büros und Sitzungszimmer in dem Teil des Hauses sind nur über mehrere Stufen erreichbar, und auch der Haupteingang ist für Rollstuhlfahrer oder Rollatornutzer nicht passierbar.

Die Gebäudeteile sind verschieden hoch, für die Barrierefreiheit müssen mehrere Lifte eingebaut werden.
Die Gebäudeteile sind verschieden hoch, für die Barrierefreiheit müssen mehrere Lifte eingebaut werden. © FUNKE FotoServices

Was den Eingang angeht: Es wird eine Rampe gebaut, die den Zugang zum Arkadengang ermöglicht. Mit dem Denkmalschutz sei abgesprochen, dass aus einem Fenster eine zusätzliche Tür wird zu einem dahinter liegenden Fahrstuhl, so Andreas Schnellbach, der technische Leiter in der städtischen Immobilienwirtschaft. Der Lift bringt die Nutzer dann auf Erdgeschossebene. Im Gebäude werden Plattformaufzüge eingebaut, die die unterschiedlichen Höhen überwinden. Der bestehende Aufzug wird gegen einen normgerechten ausgetauscht. Außerdem werde über „taktile Elemente“ für die Treppenräume und Flure beraten, die auch Blinden eine Orientierung im Rathaus ermöglichen. Zudem entstehen auf den Etagen Behindertentoiletten.

Energetische Renovierung

Nach der Renovierung soll das alte Gebäude auch wesentlich weniger Energie verbrauchen. Ziel ist eine Einsparung von 40 Prozent. Dafür wird ein Großteil der alten Fenster durch neue, denkmalgerechte Holzfenster ersetzt. Außerdem, so Schnellbach, setze man auf eine intelligente Heizungssteuerung. Sie kann erkennen, ob Räume genutzt werden oder ob aktuell Fenster geöffnet sind. Die Beleuchtung wird umgerüstet auf sparsame LED-Technik. Die Decke zum Dachgeschoss wird gedämmt, damit die Wärme darüber künftig nicht mehr verloren geht.

Bürgerbüro und Trauzimmer erhalten eine energetisch optimierte Klimatisierung durch neue Lüftungsanlagen; gleiches gilt für das Sitzungszimmer, in dem regelmäßig die Ausschüsse tagen. Beim Ratssaal verzichtet man auf eine Klimatisierung.

Ein Großteil der alten Fenster wird gegen neue denkmalgerechte Holzfenster ausgetauscht. Foto: Heinrich Jung Denkmalschutz

Bei der Restaurierung des historischen Hauses redet selbstverständlich auch der Denkmalschutz mit. Deshalb bleibt die Fassade des Rathauses wie sie ist. Die Backsteine werden gereinigt und bestehende Risse ausgebessert. Die Natursteinfassade wird ebenfalls saniert. Die Figuren werden jedoch nicht in ihren ursprünglichen Zustand versetzt. Stattdessen werden sie konserviert und im jetzigen Zustand erhalten.

Technik

Die Gebäudetechnik wird ebenfalls auf den heutigen Stand gebracht. Das bedeutet, dass sämtliche Leitungen erneuert werden – von Wasser über Abwasser, Strom, Heizung und Lüftung bis hin zu den EDV-Leitungen. Zudem entsteht im Keller ein zusätzlicher klimatisierter Raum. Dort soll nach der Sanierung die Bibliothek des Grafen von Westerholt untergebracht werden. Es könne das Raumklima dann genau auf die historischen Bücher, die dort lagern, abgestimmt werden, sagt Schnellbach.

Außerdem braucht das Rathaus eine neue Spannungsversorgung. Bisher läuft die über das Saalbau-Gelände, welches die Stadt bekanntlich anderweitig nutzen will. Demnächst startet ein Planungswettbewerb für das Grundstück. Zusätzlich erhält das Rathaus im Zuge der Sanierung eine Notstromversorgung, die bei Stromausfällen oder in Katastrophenlagen die städtischen Server betriebsbereit hält. Schließlich werden im Rathaus nun auch Räume für den Krisenstab geschaffen.

Der voraussichtliche Zeitplan

Die eigentlichen Bauarbeiten am historischen Rathaus sollen am 2. Mai 2017 beginnen. Die Planer kalkulieren mit einer Bauzeit von rund anderthalb Jahren. Stand jetzt wäre das Gebäude demnach Ende 2018 fertig saniert und somit wieder bezugsfertig.

Doch schon im Oktober beginnen die ersten Umzüge. Nach und nach werden die ersten Dienststellen das Rathaus verlassen.

Die notwendigen Genehmigungen und Planungen sollen bis Ende diesen Jahres abgeschlossen sein, dann soll alles vorliegen.

Dann könnte die Verwaltung Anfang 2017 anfangen, die einzelnen Arbeitsschritte auszuschreiben und dann an die entsprechenden Firmen zu vergeben.

Brandschutz

Auch beim Thema Brandschutz gibt es neue Vorgaben, die erfüllt werden müssen. So wird die Brandmeldeanlage erweitert, um weitere Teile des Gebäude mit abzudecken. Ein möglicher Alarm läuft dann direkt in der Leitstelle der Feuerwehr auf. Außerdem, so Schnellbach, müsse in einigen Bereichen „konstruktiver Brandschutz“ eingebracht werden, sprich es müssen Brandschutzwände oder -türen verbaut werden.

Räume für die Öffentlichkeit

Für die Sanierung des Rathauses gibt es Fördergelder vom Land. Aus diesem Grund macht es einige Vorgaben für das künftige Rathaus. Eine davon betrifft die historischen Gefängniszellen im Keller Hauses. Sie werden restauriert und können dann besichtigt werden. Im ehemaligen Einwohnermeldeamt, in dem zuletzt die Verbraucherzentrale saß, entsteht zusätzlich ein Raum für öffentliche Veranstaltungen. Er ist multifunktional angelegt, so dass beispielsweise auch eine Übertragung von Ratssitzungen dorthin denkbar sei, sagt Schnellbach. Auch die Schaffung dieses Raums ist eine Bedingung, um die Fördergelder zu erhalten.