Malermeister Gerhard Hönes sichtete nach Lektür eines WAZ-Artikels seine Unterlagen. Dort entdeckte er bisher nicht gezeigte Fotos von Ausgrabungen, der er mit Arno Heinrich vor 50 Jahren in St. Cyriakus durchführte.

  • Dias von der Spurensuche unter St. Cyriakus vor eine halben Jahrhundert gehören jetzt der Stadt
  • Funde geben auch Auskunft über die frühe Siedlungsgeschichte Bottrops
  • Vor 50 Jahren war das Interesse an der eigenen Geschichte in der Stadt wenig entwickelt

Bottrop. Das Stadtarchiv besitzt seit gestern einige bislang noch nicht veröffentliche Fotos von der Ausgrabungen, die vor 50 Jahren in der St. Cyriakuskirche stattfanden. Neben anderen historischen Dokumenten, darunter Pachtverträge der ehemaligen Westfaliabrauerei Jansen oder Bottroper Hotel-Menükarten aus dem 19. Jahrhundert - übergab der bekannte Malermeister und Restaurator Gerhard Hönes jetzt die Exponate der Stadt.

Hönes, Jahrgang 1934, hatte damals zusammen mit Arno Heinrich, dem Gründungsdirektor des Heimatmuseums, die Grabungen angeregt. Zur Dokumentation engagierten sie den Fotografen Heinz Müller aber Hönes nahm durchaus auch selbst die Kamera zur Hand. Die Idee, die Aufnahmen dem Archiv zu übergeben, sei ihm bei der Lektüre der WAZ gekommen, die kürzlich eine Doppelseite über die große Renovierung der Cyriakuskirche Mitte der 60er Jahre veröffentlichte.

Geschichte interessierte damals nicht

„Es musste damals alles sehr schnell gehen“, erinnert sich der heute 82-Jährige. „Arno Heinrich und ich hatten damals nur eine Woche Zeit, aber auch nur deshalb, weil der Boden erneuert und eine neue Heizung installiert werden sollte.“ Denn: „Eigentlich interessierte sich damals in Bottrop fast niemand für die ältere Stadtgeschichte.“ Aber auch mit Relikten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts sei man in der Stadt fast sträflich umgegangen. Nicht nur, dass die nach dem Krieg bis auf Karstadt intakte Hansastraße dem Abbruchwahn zum Opfer fiel. Auch die alte Ausstattung der Cyriakuskirche - wie vieler anderer Gotteshäuser der Stadt - sei bis auf einige Ausnahmen im Container gelandet. „Vieles wurde einfach verbrannt, anderes landete so auf der Deponie am Donnerberg“, so Hönes.

Selbst die Grabungsfunde seien kaum auf Interesse gestoßen - weder bei der Kirche noch bei der Stadt, mit Ausnahme von Kaplan Busbach oder dem damaligen Oberstadtdirektor Reckmann, wie sich Hönes erinnert.

Anhand alter Zeichnungen ging es Heinrich und Hönes darum, die Fundamente der mittelalterlichen Cyriakuskirche zu ergraben, was auch teilweise gelang. Gut anderthalb Meter unter heutigem Niveau entdeckten die beiden neben alten Bodenplatten auch die Bruchsteinfundamente der ältesten Bottroper Kirche. Zahlreiche Skelettfunde verwiesen auf den alten Friedhof, der sich unter der heutigen Kirche bis weit hin zur Hochstraße erstreckte. „Auch C&A oder die Alte Apotheke stehen eigentlich auf mittelalterlichen oder frühneuzeitlichen Gräbern“, weiß Gerhard Hönes. Die Gebeine setzte man nach Abschluss der Arbeiten wieder in aller Form unter der Kirche bei. Die aufgefundenen Keramikscherben oder Glasfragmente gelangten nach Münster.

Grabungsfunde in Münster untersucht - Mosaike hinter Wandschalung verborgen

In Münster untersuchte man vor 50 Jahren vor allem die Keramikfunde, die Arno Heinrich und Gerhard Hönes im Untergrund der Cyriakuskirche machten. „Dabei stellten die Experten fest, dass es sich zum Teil um Gebrauchskeramik aus dem 8. und 9. Jahrhundert handelt, was also ein ganz neues Licht auf die frühe Siedlungsgeschichte Bottrops wirft“, sagt Gerhard Hönes, der 1961 den väterlichen Betrieb übernommen hatte. In einer Brandgrube ebenfalls unter der heutigen Kirche fand sich Kupferschlacke, die wohl vom Gießen der mittelalterlichen Glocke stammt.

Der damals 16-jährige Roland Peukert, zu der Zeit in der Ausbildung zum Stuckateur bei der Firma Wüstefeld, erinnert sich an die Rettung der großen Wandmosaike der Seitenaltäre. „Die verschwanden einfach hinter Schutzfolie und einer Rabitz-Wandschalung, man könnte sie jederzeit wieder hervorholen“, so der heute 66-Jährige. Die teilweise Vernichtung der alten Ausstattung habe damals auch zu Protesten geführt, erinnert sich Peukert.