Bottrop/Gladbeck. . In den Klärbecken in der Welheimer Mark reinigen Millionen Mikroorganismen das Abwasser. Auch in den riesigen Fauleiern sind Bakterien am Werk.
- WAZ-Leser besuchen das Klärwerk der Emschergenossenschaft in der Welheimer Mark
- Aus fünf Städten kommen hier jede Sekunde 30 Badewannen voll Abwasser an
- 70 Prozent des Schmutzes entfernen Bakterien
Bottrops Klärwerk ist in aller Welt ein Hingucker. „Wenn unsere Faultürme nachts blau angestrahlt werden, ist das ein richtiges Highlight“, freut sich Klärwerksleiter Dr. Lars Günther. Mit ihren 45 Meter hohen leuchtenden Ovalen setzte die Emschergenossenschaft eine beliebte Landmarke in die Welheimer Mark. „Fast alle machen Fotos davon. Die Bilder gehen um die Welt. Die Bottroper Türme tauchen überall auf“, begeistert sich Günther. Erst neulich wieder waren Fotos von ihnen auf einer Fachtagung von Abwasserexperten in Australien zu sehen.
In den Rieseneiern leisten Bakterien ganze Arbeit. Sie setzen bei 37 Grad im Inneren der luftdicht mit Klärschlamm angefüllten Behälter Biogas frei. „Aus dem Gas erzeugen wir dann Strom“, erklärt der Leiter des Klärwerks den WAZ-Lesern während ihres Rundganges über das weitläufige Gelände an der Emscher. Drei bis vier Wochen bleibt der Schlamm in den Ovalen. Danach lässt er sich als Dünger verwenden. Denn er enthält wertvolle Pflanzennährstoffe. Angereichert mit Kohle kann der Schlamm auch zu Brennstoff verarbeitet werden.
Pro Sekunde 30 Badewannen voll
Bei der Masse, die in den Türmen erarbeitet wird, handelt es sich um Bakterienschlamm. Denn auch bei der biologischen Reinigung des Abwassers in den vielen Klärbecken sind schon Millionen von Bakterien im Spiel. „Sie futtern den Dreck weg, vereinfacht ausgedrückt“, erklärt Dr. Günther, und dabei wachsen die Mikroorganismen und vermehren sich. Gut 70 Prozent des Schmutzes entfernen die Bakterien aus dem Abwasser. Das nun saubere Wasser wird in sogenannten Nachklärbecken vom Schlamm getrennt und zurück in die Emscher geleitet. Die Bakterien kommen zurück in die Klärbecken und die, die mittlerweile zu viel sind, in die Fauleier. „So eine Bottroper Bakterie kann schon eine Menge, aber nicht alles“, meint der Chef des Klärwerks. Denn gegen Phosphor im Abwasser richtet sie nichts aus. Daher setzen die Klärwerksmitarbeiter Eisen zu. Das verbindet sich mit Phosphor und bildet dann ebenfalls - Schlamm.
Aus der Boye und aus der Emscher fließt das Abwasser in die Kanäle des Klärwerks. „Pro Sekunde 30 Badewannen voll“, macht Dr. Günther klar. All das Wasser, was die Anwohner in Bottrop, Bochum, Essen, Gelsenkirchen, Gladbeck in ihren Waschbecken, Toiletten, Waschmaschinen oder Geschirrspülern verbrauchen, gehört dazu. Neben Abwasser aus den Haushalten kommen auch vorgereinigte Industrieabwässer in der Welheimer Mark an, zum Beispiel aus der Ruhröl-Raffinerie in Scholven. Im Klärwerk wird die braune Brühe dann zunächst mechanisch gesäubert. Rechen holen wie riesige Siebe Toilettenpapier, Essensreste, Gras, Äste aus dem Wasser. In einem Sandfang setzen sich dann schwerere Stoffe und vor allem Sand ab, bevor sich dann Millionen Bakterien an ihre Arbeit machen dürfen.
Energie kommt bald aus fünf Quellen
Das Klärwerk der Emschergenossenschaft in der Welheimer Mark setzt auf zwei zentrale ökologische Säulen: Wiederverwertung und erneuerbare Energien. Der Sand aus dem Abwasser zum Beispiel wird recycelt und im Straßenbau eingesetzt. Die groben Abfälle aus dem Emscherwasser kommen direkt in die Verbrennungsanlage und dienen dort zur Stromerzeugung.
Denn allein das Bottroper Klärwerk braucht so viel Strom wie eine kleine Stadt mit etwa 20 000 bis 30 000 Einwohnern. „Wir produzieren diese Energie zu fast hundert Prozent hier am Standort“, erläutert Dr. Lars Günther. Ein Drittel an Strom wird durch die Verbrennung erzeugt, das zweite Drittel durch das Biogas aus den Fauleiern, das dritte Drittel mit dem neuen Windrad, das mittlerweile an der Emscher steht.
Das neue Windrad hilft
Der Klärwerkschef lotet jedoch bereits weitere Chancen für eine umweltfreundliche Energieversorgung des Klärwerks aus. Dazu gehören ja zum Beispiel auch Solarzellen auf den Dächern, um Sonnenkraft nutzen zu können. Zur Energiequelle Nummer fünf könnte das gereinigte Emscherwasser werden. Denn es fließt ja über ein ziemliches Gefälle zurück in den Fluss. An dieser Stelle ließe sich doch eine Turbine einbauen, denkt sich Dr. Günther. „Aus der Bewegung des Wassers könnten wir dann ebenfalls Energie erzeugen“, hofft der Klärwerksleiter, „und wir könnten dann im besten Fall sogar etwas Strom abgeben“.
Außerdem müsste er sich dann nicht allzu viele Gedanken über einen kleinen Luxus machen: Die Faultürme so schön blau leuchten zu lassen, kostet schließlich Strom.