Erstmals nimmt die Stadt mit vier Standorten auf 30 Hektar Fläche am Schutzprogramm des Landes teil. Bauern bekommen Ausgleichszahlungen dafür, dass sie ihre Felder erst nach der Brutzeit beackern

Auf 30 Hektar Fläche an vier Standorten haben Kiebitzfamilien in diesem Frühjahr besonderen Schutz genossen. Erstmals hat die Stadt teilgenommen am Landesprogramm Kiebitzschutz. Das funktioniert vereinfacht so: Vier Landwirte werden Maisfelder, auf denen Kiebitze brüteten, erst ab Freitag nach Ende der Brutzeit beackern. Dafür erhalten sie Ausgleichszahlungen, um den verminderten Ertrag auf den Feldern auszugleichen. Nächstes Jahr soll das Schutzprogramm nach dem Willen des Fachereichs Umwelt und Grün ausgeweitet werden.

Kiebitze sind reviertreue Bodenbrüter, die im Februar aus Südeuropa kommen, ab Mitte April ihre Nester bevorzugt auf sandigen Böden bauen und für die Beutejagd feuchte Senken schätzen. Ihr Bestand ist gefährdet durch Marder, Füchse und Krähen, aber auch durch streunende Katzen und frei laufende Hunde, zum Beispiel an der Dorfheide (die WAZ berichtete).Auf der Basis der guten Erfahrungen beim Kiebitzschutz, den der Fachbereich an der Scharnhölzstraße gemacht hat, habe die Stadt die Aufnahme ins Landes-Schutzprogramm nachverhandelt und die Landwirte auf das Projekt angesprochen. „Die haben sofort gesagt: Wir machen mit“, sagt Joachim Königshausen, Sprecher der Kirchhellener Landwirte. Wie weit der Verzicht auf die Bewirtschaftung gehen darf, hat sein Kollege Philipp Maaßen letztes Jahr am Brabecker Feld ausgetestet: „Da haben wir die Vögel bis zum 15. Juni in Ruhe gelassen. Aber das hat sich als unwirtschaftlich erwiesen. Die Ernte ist einfach zu mager ausgefallen.“ Jetzt haben sich die Landwirte mit der Stadtverwaltung auf eine Schutzfrist bis zum 20. Mai verständigt. „Das ist ein Kompromiss“, sagt Königshausen, „wir fangen fast vier Wochen später als sonst an.“ Dafür zahlt das Landesumweltamt eine Entschädigung.

Mitfahrt auf der Motorhaube

Und auch nach dem Ende der Schonzeit werden die Landwirte Acht geben auf die Kiebitze, verspricht Königshausen: „Die Tiere sind im Feld gut zu sehen, dann umfahren wir eben die Nester oder ziehen an der Stelle den Pflug hoch.“ Die Vögel haben schon gelernt, dass die Traktoren keine große Bedrohung für sie sind, sagt Maaßen: „Hier am Haus Brabeck fliegen 15 bis 20 Vögel um die Maschine rum, wenn wir pflügen. Die setzen sich sogar auf die Motorhaube.“

Wie viele Kiebitze in Kirchhellen sesshaft sind, darüber gibt es keine verlässliche Schätzung, sagt Bärbel Berent vom Fachbereich Umwelt und Grün. die das Vogelschutzprojekt betreut. „Eine Zählung ist mit großem Aufwand verbunden“, sagt Fachbereichsleiter Stefan Beckmann. Auf jeden Fall nehmen die Vögel die Schutzgebiete gut an, sagt Bärbel Berent: „Da drüben in der Senke habe ich heute früh vier Jungtiere mit ihren Eltern gesehen. Und da drüben fliegen schon wieder welche. Hören Sie mal hin.“ Und tatsächlich: Der Ruf „Kiwitt“, der den Vögeln ihren Namen gegeben hat, ist selbst über dem Grundrauschen der A 31 zu hören. Selbst an der Dorfheide, wo auch die Stadt Gefährdungen durch frei laufende Hunde beklagt, hat sie zuletzt noch sieben Vögel gezählt. Jetzt hofft sie darauf, dass die Tiere innerorts umziehen, wenn sie dort wirklich verdrängt werden.