Bottrop/Essen. Kunstprofessor Gereon Krebber macht in Essen, was er schon bei seiner ersten Ausstellung im Quadrat gemacht hat: Den Betrachter in die Irre führen.

Gereon Krebber, in Bottrop aufgewachsener Kunstprofessor und Träger des Kulturpreises der Stadt, stellt im Essener Museum Folkwang aus. Und wie fast immer stellt er den Museumsbesuchern Seh-Fallen. Seine Installation „Antikörper“ im Innenhof des Museums nennt er selbst eine „Zumutung“.

Wie ein gestrandeter Wal liegt Krebbers „Antikörper“ im Innenhof des Museums an der Bundesstraße 224. Zwei Lastwagen haben die mit Planen bespannte Holzkonstruktion ins Museum gekarrt. Als Krebber und sein Team zehn Eimer voll Bitumen aufkleistern, wird die Ausstellung im Museum für die Besucher Nebensache. Die Schüler drücken sich die Nasen platt an der Glaswand: Was wird das, wenn das fertig ist? Und der Meister ist nicht wirklich zufrieden. „Da oben ist noch Spachtel- statt Malstruktur. Und ich bin der Einzige, der das sieht.“ Könnte an seinem Gardemaß liegen: Krebber überragt seine Helfer um Haupteslänge.

Auch die fehlende Schwanzflosse des Wals kann man entdecken

Und was wird das nun, wirklich, wenn das fertig ist, Herr Krebber? Die Assoziation mit dem Wal auf dem Trockenen ist durchaus erwünscht. Wer will, kann in der zweiten Installation „Over The Counter“ die fehlende Schwanzflosse des Wals entdecken und in den „Drei Becken“, das fehlende Wasser.

Diese Assoziationen nennt Krebber die „narrativen Bezüge“, also die Geschichten, die im Kopf des Betrachters entstehen. Seine Installationen funktionieren aber auf mehreren Ebenen. Die schwarze, schmierige Masse des „Antikörpers“ durchbricht die klare, gradlinige, lichte Architektur, die Star-Architekt Chipperfield dem Museumsneubau verpasst hat; Krebber lobt die „stille Monumentalität“ des Baus. Der teerige Werkstoff Bitumen weckt Assoziationen „zwischen Sandkasten und Straßenbau“. Der Innenhof zwischen den Museums-Glaswänden wirkt wie ein leer gelaufenes Aquarium.

"Du bist aber fies"

Die Glaswände schützen aber auch den Betrachter vor der „Zumutung, dass das Ding da einfach da ist“, sagt Krebber. „Würden die Besucher direkt davor stehen, wäre ihr erster Gedanke wohl: Du bist aber fies. In die andere Richtung spielt die Installation hinter Glas auch mit dem Motiv des Ausgestellt-Seins.“ Denn in Wirklichkeit steht ja der Besucher im Glaskasten, der „Antikörper“ dagegen liegt im Freien. Und das ist wieder ein Spiel mit der Architektur des Museums, sagt Krebber: „Die Distanz hat das Museum geschaffen. Ich nutze sie nur.“

Nichts ist bei Krebbers Installationen eben so, wie es auf den ersten Blick scheint. Die Oberflächenstruktur der „Drei Becken“ im Innenhof nebenan zum Beispiel sieht aus wie Styropor, ist aber aus Aluminium gegossen - und zwar in einer Gussform aus Styropor. Und schon hat Krebber dem Besucher die nächste Seh-Falle gestellt. Über die nächste kann er nebenan gleich im Wortsinn stolpern.