Bottrop. 32 Schülerinnen der Ballettschule Zurhausen beteiligen sich an Wagners Oper „Der fliegende Holländer“ im Sommer auf der Halde Haniel. Die Choreografie nimmt dabei kritisch die spannende Erzählung schon in der Ouvertüre auf.

Richard Wagner sieht in seiner Oper „Der fliegende Holländer“ gar kein Ballett vor. Das war zur Zeit der Entstehung in der ersten Hälfte des Jahrhunderts beinahe schon ungewöhnlich. Denn alle, vor allem die größeren Theater, die etwas auf sich hielten - allen voran die Pariser Oper - wollten mit großen Balletteinlagen in den Opernaufführungen prunken. So musste Wagner beispielsweise widerstrebend ein Ballett für die Pariser Aufführung seines „Tannhäuser“ hinzukomponieren.

In den „Holländer auf der Halde“ will Regisseur Thomas Grandoch nun ein Ballett integrieren. Nein, er meint das nicht als ironischen Seitenhieb auf die damaligen formalen Zwänge im Operngeschehen. Vielmehr möchte er die Wirkung der Ouvertüre verstärken, die ja ihrerseits bereits die wesentlichen Motive der nachfolgenden Erzählung vorweg nimmt. „Ich möchte zeigen, wie die zentrale Figur der Senta auch von ihrer eigenen Vergangenheit geprägt wird“, sagt Grandoch. „Sie wurde bereits als Kind mit der Erzählung vom gespenstischen Holländer konfrontiert, in dessen Welt sie sich auch ein wenig sehnt.“

Viele Synchron-Elemente

Grandoch versucht, auch mit Mitteln des Tanzes die Mechanismen aufzuzeigen, die Senta - wie so viele andere Mädchen auch - durchmachten, bevor sie in die erwartbaren Konventionen des Erwachsenenalters überwechseln. „Sie muss einfach funktionieren, gewissermaßen im Gleichschritt einer männlich dominierten Gesellschaft mitmarschieren“, sagt der Regisseur.

Und da setzt auch die Choreografie von Kira Schulte-Zurhausen an. „Ich baue viele Synchron-Elemente ein, vor allem natürlich bei der Szene der Spinnerinnen, bei denen sich Senta auf einmal befindet “, sagt die Pädagogin und Choreografin. Und diese Momente müsse die Kompanie natürlich perfekt tanzen. „Daher trainiere ich - und vor allem auch meine Mutter - schon jetzt jede Woche mit den Mädchen, denn nichts ist schlimmer, als wenn synchron choreografierte Szenen nicht funktionieren.“

Die Mädchen, die die Ensembles tanzen, sind im Schnitt 15, 16 Jahre alt. „Wir haben eine doppelte Besetzung, denn wegen des Jugendschutzes dürfen die Mädchen nicht alle Aufführungen abends hintereinander tanzen. Und die beiden Darstellerinnen der Senta sind auch bereits 18 und 20 Jahre alt.“

Thomas Grandoch, aber auch Kira Schulte-Zurhausen sehen die Ballettszenen in der etwa zwölfminütigen Ouvertüre - die Hälfte davon agiert die Tänzerin der Senta ohnehin allein auf der Bühne - als integralen Bestandteil der Inszenierung, keineswegs als Dekoration eines Freiluftevents. „Dafür hätte man sicherlich auch nicht Wagner ausgesucht“, findet Thomas Grandoch. Aber im Sinne der vom Komponisten stets propagierten Idee des Gesamtkunstwerks sei es durchaus sinnvoll, alle Theatersparten, also auch das Ballett, in die Erzählung dieser spannenden Geschichte einzubinden. Das wiederum hätte sicherlich auch Wagner gefallen.