Bottrop. . Von oben betrachtet wirkt das Gewölbe von St. Cyriakus in Bottrop mehr handfest als erhaben. Einst einsturzgefährdet, wurde es mit Spritzbeton gesichert.
Das Weihnachtsfest ist für viele Menschen mit dem Besuch eines Festgottesdienstes in der Kirche verbunden. Ganz bewusst genießen sie dann auch die besondere Atmosphäre in dem Gotteshaus. In der neugotischen Hallenkirche St. Cyriakus wird dann sicher auch so mancher Blick hinauf zur erhabenen Gewölbedecke gehen.
Und auf genau diese gewähren uns Propst Paul Neumann und Küster Ludger Pawlak einen ganz neuen Blick: Sie führen uns über eine Wendeltreppe immer weiter nach oben, lassen uns im Kirchturm noch ein paar weitere Stufen aus Metall erklimmen, öffnen schließlich eine tief in der Mauer liegende Tür – und geben den Blick frei auf das Gewölbe von oben. Und nachdem die Lampen die Szenerie unter dem hölzernen Dachstuhl erst erhellt haben, muss man sagen: Was unten vom Kirchenschiff aus hell und majestätisch wirkt – erscheint aus dieser Perspektive wie eine Ansammlung riesiger Maulwurfshügel, dunkel und grau.
Bergsenkungen
Mit Spritzbeton „von oben und von unten“, erklärt Küster Ludger Pawlak, wurde das damals vom Einsturz bedrohte Gewölbe Mitte der 1960er Jahre gerettet, nachdem zuvor schon Stahlträger zur Sicherung eingesetzt worden seien. Bergsenkungen hatten dem Kirchenbau zu schaffen gemacht, auch Wände standen nicht mehr sicher. „Über sieben Meter ist die Kirche runtergegangen, das hat man 1964 nachgemessen“, weiß Pawlak. Das 1862 geweihte neugotische Gotteshaus sei sogar kurz davor gewesen, abgerissen zu werden. „Am Gleiwitzer Platz sollte dann eine neue Kirche errichtet werden“, berichtet der Küster von Überlegungen der damaligen Zeit. Doch man wollte die alte Bottroper Hauptkirche an ihrem Standort erhalten, und so wurde sie unter Denkmalschutz gestellt und saniert. „Das einzige Original-Gewölbe findet sich heute im Kirchturm“, sagt Pawlak. Dessen dicken Wänden hätten die Bergsenkungen nichts anhaben können.
Wer die meist viergeteilten Kuppeln genauer betrachten möchte – die kleineren in den Seitenschiffen und die größeren im Hauptschiff – kann sich auf einen hellen, gut beleuchteten Holzsteg direkt über dem Gewölbe wagen. Der führt, was man von hier oben natürlich nur ahnen kann, von der Orgel auf der einen bis zum Altarraum auf der anderen Seite von St. Cyriakus. Genau genommen ist es eine an Gewindestangen befestigte Hängebrücke, und auf dem Weg muss man acht geben, nicht über eine Winde zu stolpern. „Da können wir etwa einen Adventskranz dranhängen“, sagt Pawlak. „Wir haben hier auch schon mal ein Mobile festgemacht“, ergänzt Propst Paul Neumann. Beides kann von hier oben mittig im Kirchenraum platziert werden. Lässt man den Blick seitlich schweifen, erkennt man Kabel, an denen unten im Gotteshaus die Lampen hängen. Die Kabel verschwinden in Löchern in einer Mauer.
An einer bestimmten Stelle nimmt Pawlak ein Brett aus der Hängebrücke heraus, darunter befindet sich ein Loch, genau im Schlussstein eines Gewölbes. Wir schauen hindurch – und blicken direkt auf den Altar. Auch hier führt ein langes Kabel in die Tiefe. „Den Altarstrahler kann ich nur von hier oben wechseln“, erklärt der Küster.
Das Dach war früher dreiteilig
Neben der Hängebrücke sind noch weitere schmale Holzstege hier oben angebracht, von denen Handwerker den Dachstuhl erreichen können. Von der Straße klingt leise ein Gemisch aus Stimmen und Musik, durch ein kleines Dachfenster an der Seite kann man die Passanten auf der Hansastraße sehen.
Ein größeres Fenster an der Turmmauer indes, das einst offenbar mit Bleiverglasung versehen war, ist heute nicht mehr geeignet, um hindurch zu schauen – es liegt inzwischen innen. „Früher hatte die Kirche ein dreiteiliges Dach, das niedriger war“, erklärt Küster Ludger Pawlak. Damals war das beschriebene Turm-Fenster daher noch nicht zugebaut und lag außen. Im Krieg aber sei dieses Dach abgebrannt. In den 1950er Jahre dann wurde das heutige große Spitzdach aufgesetzt, das die Haupt- und Seitenschiffe der Kirche gleichzeitig überspannt. „So war es ursprünglich auch geplant“, berichtet Pawlak. Beim ersten Bau, ergänzt Propst Paul Neumann, habe man Finanzsorgen gehabt und an der ein oder anderen Stelle etwas abgespeckt.