Archivierte Gesetzessammlung aus dem 18. Jahrhundert belegt: Damaliges Luxusgetränk sollte nur den höheren Ständen vorbehalten bleiben.
Es gab tatsächlich Zeiten, da war es den Bottropern verboten, Kaffee zu trinken. Kaffee gilt heute als eines der beliebtesten Getränke der Deutschen. Jeder konsumiert jährlich etwa 150 Liter, was etwa einer Badewannenfüllung entspricht. Wir trinken ihn zu fast jeder Gelegenheit, morgens, mittags, abends, gern mit Milch und Zucker oder anderen aromatischen Zusätzen.
Schon seit Jahrhunderten kennt man in unserer Gegend das köstliche Getränk. Ursprünglich aus Äthiopien stammend, wurde es im 17. Jahrhundert über das Osmanische Reich nach Europa eingeführt. In Berlin eröffnete es das erste Kaffeehaus im Jahr 1721. Kaffee war damals sehr teuer und so der reichen Oberschicht vorbehalten. Das sollte sich im 18. Jahrhundert ändern. Das Getränk eroberte die deutschen Tassen. Kaffee war begehrt bei Jedermann. Was den Herrschenden missfiel, die mit Erlassen den Genuss zu reglementieren und den Handel zu kanalisieren suchten.
Restriktionen zu Weihnachten 1766
Zu den Beständen des Stadtarchivs zählen historische Gesetzessammlungen, vermeintlich trockene Paragrafen, wo das nachzulesen ist. Etwa in der vom Preußischen Regierungssekretär Johann Joseph Scotti herausgegebenen „Sammlung der Gesetze und Verordnungen welche von dem vormaligen Churfürstenthum Cöln (im rheinischen Erzstifte Cöln, im Herzogthum Westphalen und im Veste Recklinghausen) über Gegenstände der Landeshoheit, Verfassung, Verwaltung und Rechtspflege ergangen sind“.
Der Kölner Erzbischof und Kurfürst Maximilian Friedrich erließ einen Tag vor Heiligabend 1766 für sein Hoheitsgebiet, zunächst für das Herzogtum Westfalen und später auch für das Vest Recklinghausen, zu dem Bottrop gehörte, dass nicht nur der Groß- und Kleinhandel mit Kaffee, sondern auch „der Genuß dieses Getränkes allen Bürgers-, Bauers- und Arbeitsleuten, so wie den Dienstboten, bei Vermeidung von Geldstrafen verboten, die Abschaffung alles Kaffee-Geschirrs befohlen“ werde und erlaubte nur den höheren Ständen mäßigen Genuss „für sich und ihre Kinder“.
Aber die Einwohner ließen sich das Kaffeetrinken nicht einfach verbieten. Die Freude an dem Genussmittel war zu groß. Und so wurde vier Jahre später das Kaffeetrinken im Lande wieder offiziell erlaubt. Die Erlaubnis zum Kaffeetrinken musste allerdings für einen Taler pro Vierteljahr erworben werden.
Gerade die Bewohner des Vestes waren wohl wahre Kaffeenasen. Es gab zahlreiche Geschäfte, in denen der Kaffee in kleinen Mengen verkauft wurde. In einem „Verzeichnis der Winkelwaren und Wirtschaften zu Bottrop“ führte der Amtsfron Edelhoff 1777 elf Namen im Dorf und in den Bauerschaften Fuhlenbrock, Welheim, Lehmkuhle und Schlangenholt auf, die „einen kleinen Winkel“ hielten, in dem auch gemahlener Kaffee oder Kaffeebohnen gehandelt wurden.
Geld- und Zuchthausstrafen
Doch vier Jahre später mussten sie den Kleinhandel mit Kaffee aufgeben, denn eine neue Verordnung verbot unter Androhung schwerer Geld- und Zuchthausstrafen, nicht nur „allen Handel mit rohem und gebrannten Kaffee und alles Kaffee-Schenken“, sondern auch, geringere Mengen als 50 Pfund zu erwerben, „um das sehr stark eingerissene Uebel des Kaffeetrinkens zu steuern“.
Verbot des braunen Tranks wurde später nie erneuert
Nachdem das Vest Recklinghausen aus dem Herrschaftsbereich des Erzbistums Köln gelöst wurde und 1803 an den Herzog von Arenberg fiel, wurde das Kaffee-Verbot von dem neuen Landesherrn nicht erneuert.
Auch unter Franzosen und Preußen (seit 1815) war eine ähnliche Gesetzgebung in Bottrop nicht mehr bekannt.
Inwieweit auch dieses Verbot wieder umgangen wurde, ist nicht überliefert. Gab es in Bottrop wohl Schmuggel und geheime Zirkel, in denen man sich zum gemeinsamen Kaffeetrinken traf? In anderen Gegenden folgten auf die Kaffee-Verordnungen heftige Abwehr-Reaktionen. So ist bekannt, dass es in Paderborn zu einem öffentlichen Aufstand gegen das dort ebenfalls 1781 erlassene Kaffee-Verbot kam, bei dem es sogar Ausschreitungen und Tumulte gab. Unter dem Namen „Paderborner Kaffee-Lärm“ ging er in die Geschichte ein.
Ganz nebenbei angemerkt: Diese Kolumne entstand bei einer wunderbaren Tasse Kaffee mit Milch und Zucker.