Bottrop. . Frauen mit türkischen Wurzeln nutzen im Migrationszentrum das Infoangebot vom Verein Gegenwind. Es geht auch darum, die eigene Scham zu überwinden.
Als Eltern mag man daran wohl am liebsten gar nicht erst denken, aber sexuelle Gewalt kann die eigene Tochter, den eigenen Sohn treffen. Oft finden solche Übergriffe dann sogar im direkten Umfeld, im Familienkreis statt.
Wie man Kinder stärkt, um sie möglichst davor zu schützen, wie man sie unterstützt und kritische Situationen erkennt, darüber informierte Elisabeth Bocianiak-Balogh vom Verein Gegenwind jetzt ein Dutzend Mütter mit türkischen Wurzeln im Zentrum für Migration El Ele in Bottrop.
In vertrauten Kreis sitzen die Frauen beieinander, lauschen der Expertin, nicken immer wieder zustimmend. Auch ihre eigenen Fragen haben sie schon gestellt. Sie setzen sich auseinander mit einem Thema, das ein Tabu für viele Menschen ist, egal welchen kulturellen Hintergrund sie mitbringen.
Ein Unterschied besteht im Bereich der Sprache, wie auch Elisabeth Bocianiak-Balogh aus ihrer Beratungspraxis weiß: Generell sei es für Ratsuchende schwer, über persönliche Dinge und Ängste zu sprechen. „Aber wenn sprachliche Defizite dazu kommen, sind die Befürchtungen groß, missverstanden zu werden.“ Bei der Info-Veranstaltung kamen sicher keine Unklarheiten auf, denn El Ele-Leiterin Semi Böge übersetzte. Was vor allem für die vielleicht drei Frauen in der Runde wichtig war, die gar kein Deutsch verstehen.
Elisabeth Bocianiak-Balogh rät präventiv u.a. dazu, Kindern beizubringen, welche Rechte sie bezüglich ihres Körpers haben. Sie zu ermuntern, ihre Gefühle zu erkennen und zu benennen sowie „schlechte“ Geheimnisse zu verraten. Sie rät, eigene Scham zu überwinden und Fragen der sexuellen Erziehung anzusprechen. Und sie ermuntert die Frauen: „Trauen Sie sich, wenn Sie Fragen haben, und wenden Sie sich an die Beratungsstelle. Auch anonym.“
Diese Info-Veranstaltung für die Mütter folgte einem Besuch, der Semi Böge mit einer Kindergruppe direkt in die Gegenwind-Beratungsstelle geführt hatte. „Es ging mir darum, die Kinder für das Thema zu sensibilisieren. Und dass sie wissen, dass es so eine Beratungsstelle gibt“, erläutert die Diplom-Pädagogin. Nun möchte sie auch die Mütter informieren und sensibilisieren. Zudem: „Es ist meine Aufgabe, einerseits Beratungsstellen zugänglicher für Migranten zu machen und sie auf der anderen Seite an die Beratungsdienste heranzuführen, Berührungsängste abzubauen.“ Gegenwind war vor diesem Morgen nur ein, zwei Müttern bereits bekannt, so Böge.
Die Zusammenarbeit von El Ele und Gegenwind soll weiter gehen. Semi Böge will bei den Frauen abfragen, was sie vertiefen wollen. Großes Interesse zeigten sie etwa an der Problematik sexueller Übergriffe via Internet. Und: „Eine Mutter hat schon zu mir gesagt: Wenn Gegenwind einen Selbstbehauptungskursus anbietet, dann melde ich meinen Jungen an.“ Der Morgen trägt erste Früchte.