Bottrop/Essen. . Ihre Einlassungen weichen vom Polizei-Protokoll ab. Die Zeugin spricht von Missverständnissen. Den Angeklagten hält sie für unschuldig.
Die 31-Jährige Frau spricht mit fester Stimme. Sie sitzt auf dem Zeugenstuhl im Essener Schwurgericht und will nun doch aussagen im Prozess gegen ihren ehemaligen Freund auf der Anklagebank. Es ist der Landwirt und Caritas-Mitarbeiter Thomas S. (40), der sich wegen Mordes an seiner Ehefrau Andrea (35) verantworten muss.
So viele Missverständnisse: Dass sie die Aussage habe verweigern wollen? Ein Missverständnis, sagt sie. Und die Abweichungen ihrer vor Gericht für den Angeklagten eher positiven Aussage gegenüber den Angaben bei der Polizei, die sie mit ihrer Unterschrift bestätigt hatte - alles Missverständnisse, sagt die Zeugin. Das verstimmt nicht nur Oberstaatsanwältin Birgit Jürgens. Sie reagiert ungehalten.
„Wir hatten beide den Plan, unsere Ehepartner zu verlassen“, hatte die Zeugin bei der Polizei ausgesagt. Und nach der angeblichen Trennung: „Er sagte, er schaffe den Absprung. Ich solle warten. Und er freue sich auf die Zeit danach.“ Das alles hätten die Beamten falsch verstanden, behauptet sie nun vor Gericht.
Nach Angaben des Angeklagten, der übrigens den Blickkontakt zur Zeugin weitgehend vermeidet, soll die außereheliche Beziehung im November 2014 beendet gewesen sein. Das bestätigt die Freundin im Prozess. Bei der Polizei berichtete sie allerdings von Sex im Januar. „Es ist eine schöne Freundschaft daraus geworden“, formuliert sie jetzt als Zeugin. Aber da sei nichts Sexuelles mehr gewesen.
Heute würde sie kein Verhältnis mehr mit Thomas S. beginnen, erklärt die 31-Jährige. Ihr Antrag, ihn in der Haft zu besuchen, war abgelehnt worden. Aber sie schrieb ihm Briefe. Warum?„Ich wollte ihm Mut machen.“ Schließlich sei sie „fest davon überzeugt, dass er nicht der Täter ist“.
Zu den offenbar umfangreichen Chat-Kontakten zwischen Thomas S. und seiner Freundin hat die Kammer noch einige Fragen. Doch die werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit gestellt, um die „schützenswerten Interessen“ der Zeugin zu wahren.
Notarzt Dr. Christian Busch tritt ebenfalls als Zeuge auf. Er war am 18. Januar als erster Mediziner am Tatort und hatte Thomas S. die Todesnachricht überbracht, obwohl der schon davon wusste. Anders als ein Kollege des Angeklagten, der kürzlich vor Gericht eine dramatische Szene beschrieben hatte, sagt der Arzt: „Er reagierte sehr verhalten, schluchzte leise. Ich fand merkwürdig, wie er reagierte.“
Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.