Bottrop. Wohnen und arbeiten im Denkmal. Als Architekt Klump 1996 den Bahnhof Nord erwirbt, reagiert selbst der örtliche Denkmalschützer mit Unverständnis.

Den alten Bahnhof Nord auf dem Eigen hat Michael Klump sofort als Juwel erkannt. Als der Architekt Mitte der 90er Jahre aus Aachen in seine Heimatstadt zurückkehrte, suchte er bald Räume für das Architekturbüro, das er seither mit Partner Wolfgang Strelzig betreibt. Sechs Jahre zuvor, am 25. Oktober 1990, wird das historische Empfangsgebäude, für das der erste Bauantrag 1878 gestellt wurde, in die Liste der Bottroper Baudenkmäler aufgenommen.

„Der Bau gammelte in den 90er Jahren vor sich hin und der örtliche Denkmalschutz steckte in den Kinderschuhen, kein Vergleich zu heute“, sagt Michael Klump. Der damalige Denkmalschützer Funke habe ihn tatsächlich gefragt, warum er das Gerümpel nicht abreiße, erinnert sich Klump, der den Bahnhof damals gerade von der Deutschen Bahn erworben hatte. Für 180 000 D-Mark. „Kaum zu glauben“, sagt Klump. „Und kein Vergleich mit den heutigen Kollegen der Unteren Denkmalbehörde, mit denen wir toll zusammen arbeiten.“

1960 endet der Personenverkehr

Seit der Bahnhof Nord 1960 für den Personenverkehr geschlossen wurde, waren das Empfangsgebäude und der im Ersten Weltkrieg erweiterte Gütertrakt im Grunde sich selbst überlassen. „Auch eine Nutzung als Gastronomie lag schon lange zurück, als wir das Gebäude erwarben“, erinnert sich Michael Klump. Im Grunde habe das Umfeld ausgeschaut, wie ein schäbiger Hinterhof Bottrops - und doch habe ihn das Ensemble fasziniert, sagt der Architekt.

Das Mauerwerk war schadhaft, die Dachkonstruktion angegriffen, die oberen Geschosse seien nicht mehr brauchbar gewesen. „Nutzen sie doch die obere Fläche nicht“, habe ihm die Denkmalbehörde in Münster, die für Bottrop zuständig ist, damals gesagt, so Klump. „Ein Quatsch, dann hätte ein Drittel des Gebäudes brach gelegen, wirtschaftlich Wahnsinn.“

So nahm man rund 2,5 Millionen, ob es nun Mark oder später auch schon Euro waren, lässt sich kaum auseinander rechnen, in die Hand. Mit Spezialfirmen oder Unternehmen, die auch im Sinne des Denkmalsschutzes arbeiteten, erneuerte man das Empfangsgebäude, das früher sogar Warteräume für alle drei Klasse enthielt, aber auch den Gütertrakt, komplett.

Historische Bauten wirken identitätsstiftend

Das Dachgebälk wurde erneuert. Wo früher Lokführer schliefen, sind heute helle Büros. Man kann gut zwischen neuem Gebälk und historischem Holzwerk unterscheiden. „Alles gezapft wie früher, man wird keinen Nagel finden“, sagt Michael Klump. Die Holzteile, die das heute wieder überkragende Dach stützen, wurden nach alten Vorlagen gearbeitet. 2500 Klinker tauschte man in den Außenwänden aus.

Die Außenhaut strahlt sauber. Ziegel-Zierwerk, Lisenen, Fensterbänke: Alles wurde gesichert, wo nötig ergänzt. „Heute ist der Bahnhof nicht arbeits-, oder pflegeintensiver als ein Neubau“, sagt Michael Klump, der den Bau vor einiger Zeit an die Gastronomenfamilie Döing-Stöcker verkaufte, die seit der Sanierung dort ein beliebtes Restaurant betreibt. Er ist dort nun Mieter.

Bis heute wirbt der Architekt für einen verantwortungsvollen Umgang mit der historischen Bausubstanz, die Bottrop noch besitzt. Die wirke identitätsstiftend und bewahre das Ortsbild davor, in gesichtslosem Einerlei zu versinken

Leservorschläge zur Serie

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