Bottrop. . Die vierte Tour der gemeinsamen Leseraktion von WAZ und Vestische führte vom Bernepark aus hoch hinauf auf die Halde Haniel.

Der Ort des Einstiegs war ein anderer als gewohnt bei den Touren der gemeinsamen Leseraktion von WAZ und Vestischer. Die vierte und letzte Fahrt in diesem Sommer folgte der Route der Linie 261 auf den Spuren des Bergbaus in dieser Stadt und begann am Bernepark. Der wandelte sich erst im Kulturhauptstadtjahr 2010 von der Kläranlage zur Parkanlage und symbolisiert ein Stück Bergbaugeschichte und Strukturwandel. Eine Geschichte, die man erzählen können muss wie Holger Kröcher, der Gästeführer der Stadt.

Rund 30 Leser der WAZ hatten sich eingefunden zu dieser spannenden Bustour. Es sind Menschen wie der 82-jährige Theodor Reichl, der hier gerne seine „Erinnerungen auffrischen“ wollte. Bis 1992 war er im Bergbau tätig auf Prosper I und II und zuletzt auf Schacht 10. Begleitet wird der Rollstuhlfahrer von seinem Schwiegersohn Uwe Delfs. „Ich möchte, dass der Schwiegervater noch so viel wie möglich erleben kann und begleite ihn gerne“, sagt er.

Ein „verschlafener Ort“

Sie erfahren von Gästeführer Kröcher, dass Bottrop bei Beginn der Industrialisierung um 1850 noch ein „verschlafener Ort“ war. Erst 1863 wurde die erste Zeche in Ebel abgeteuft. Das war die Geburtsstunde der Zeche Prosper I und der Siedlung Ebel, der Vorort gehörte da aber noch zu Essen. Den Bedarf an Arbeitskräften deckte man in Polen, wo Männer mit dem Versprechen auf gut bezahlte Arbeit, ein Stück Grabeland und Schulen für die Kinder angeworben

Gästeführer Holger Kröcher zeigt den Mitreisenden alte Fotografien vom Klärwerk an der Bernemündung.
Gästeführer Holger Kröcher zeigt den Mitreisenden alte Fotografien vom Klärwerk an der Bernemündung. © Funke Foto Services

wurden. 1850 hatte der Ort um die 3500 Einwohner, zur Jahrhundertwende 38 000. Stadt war Bottrop da noch nicht. „1916 wurden die Stadtrechte verweigert mit Hinweis auf den 67-prozentigen Anteil an polnischer Bevölkerung“, erzählt Holger Kröcher. Erst 1919 bekam Bottrop die Stadtrechte.

Hotelzimmer im Rohr

Da war die Emschergenossenschaft schon 20 Jahre alt, gegründet um die Abwässer über Rohre in die Emscher einzuleiten und so der Seuchen Herr zu werden. 1950 wurde, als eine von vier, die Kläranlage an der Berne gebaut. Die war schon Jahre still gelegt, als 2010 schließlich aus dem Gelände der Bernepark wurde. Der ist auch mit dem „Garten der Träume“ von Piet Oudolf heute Symbol für den 1991 beschlossenen Emscherumbau, der 2020 beendet sein soll und dann 4,5 Milliarden Euro gekostet haben wird. Besondere Attraktion sind die Hotelzimmer in den Rohren unter alten Bäumen.

Mitfahrer genießen die Aussicht von der Halde 

Der Wind ist stark hoch oben auf der Halde Haniel.
Der Wind ist stark hoch oben auf der Halde Haniel. © Funke Foto Services

Nach dem Besuch des Berneparks nahmen die Mitreisenden im Bus Platz, an dessen Steuer in bewährter Weise der Fahrer Rolf Theißen saß. Er steuerte am ZOB vorbei, wo Pressesprecher Reimund Kreutzberg von der Vestischen verriet, dass hier jährlich etwa neun Millionen Fahrgäste zusteigen und rund 3,4 Millionen Kilometer transportiert werden. Aber bestimmt nicht dorthin, wo Rolf Theißen hinfuhr: auf die Halde Haniel. Er steuerte den steilen, schmalen und teils unbefestigten Weg nach oben. „Wir sind jetzt 120 Meter hoch gefahren“, verkündet Bernd Lorscheidt vom Bergwerk Prosper Haniel. Oben erwartet die Besucher ein starker Sturm – und eine sensationelle Aussicht.

Der Bus parkte neben den Stelen des Künstlers Ibarrola, während Gästeführer Holger Kröcher vom Amphitheater auf der Halde schwärmt, wo es erst im Juni noch eine Schlager-Revue gab. Ins Schwärmen kommt der Gästeführer auch, wenn er von Tisa von der Schulenburg erzählt, die als Schwester Paula im Ursulinenkloster lebte und dort 2001 verstorbenen ist. Die Dorstener Künstlerin hat die Kupfertafeln für den 1995 eröffneten Kreuzweg auf der Halde Haniel gestaltet.