Bottrop. Erste öffentliche Führung für Demenzkranke im Quadrat findet großes Interesse. Das von der Schäfers-Ludwig-Stiftung ermöglichte und vom Gesundheitsamt geförderte Projekt wird fortgesetzt.
Wer einen wissenswerten Nachmittag im Museum verbringen möchte, erwartet wahrscheinlich keine Kaffeetafel, an der Menschen sich interessiert unterhalten. Doch bei der ersten öffentlichen Führung für Demenzkranke im Quadrat war das anders. Bei Getränken und Gebäck versammelten sich Betroffene und deren Begleiterinnen.
Das gemütliche Ankommen ermöglichte einen ersten Austausch und ein ruhiges Umfeld. „Wir haben schon mehrere Führungen gemacht, aber bisher immer mit Heimbewohnern und ihren Betreuern“, erklärte Sarah Kaleve. „Wir wollten das Format aber auch in die Öffentlichkeit tragen und es vielen Menschen ermöglichen, so eine Erfahrung zu machen“, sagt die Museumspädagogin im Quadrat.
Gemeinsames Erleben
Unter dem Titel „Sinnliche Führungen“ sahen sich die 20 Teilnehmer vor allem zwei Buntglasfenster von Josef Albers an. Dabei ging es viel um das Licht, seine Wirkung und die eigenen Empfindungen, die die Erkrankten bei der Betrachtung des bunten Glases haben. Zur besseren Wahrnehmung nahmen die Teilnehmer auch selbst buntes Glas in die Hand, hielten es gegen das Licht und ließen die Eindrücke auf sich wirken.
Kunstvermittlerin Friederike Winkler ging dabei auf jeden Teilnehmer ein und suchte den Austausch. „Die Wissensvermittlung tritt dabei in den Hintergrund. Es geht um das gemeinsame Erleben und die Kommunikation“, erläutert Sarah Kaleve das Vorgehen, das immer in kleinen Schritten stattfindet. „Wir nehmen die Menschen ernst und gehen ganz individuell auf sie ein. Das stößt auf jeden Fall immer auf positive Rückmeldungen“, so die Museumspädagogin.
Möglich gemacht werden diese Veranstaltungen durch die Schäfers-Ludwig-Stiftung und das Gesundheitsamt. „Wir sind sehr froh, dass die erste Führung auf so viel Resonanz stößt“, meinte auch Barbara Josfeld vom Gesundheitsamt. Lebensfreude vermitteln und neue Wege aufzeigen sei auf jeden Fall ein klares Ziel dieses Projektes.
Nach der genauen Betrachtung der Werke wurde die Teilnehmer auch selbst künstlerisch aktiv. Im Werkraum des Museums kamen am Ende noch einmal alle Teilnehmer und Organisatoren zusammen und stellten ihre eigenen Fensterbilder aus bunter, rechteckiger Transparentfolie her.
Die Krankheit ist ein Prozess
„Wir kennen das Format schon aus Duisburg, aber wir sind sehr kunstinteressiert und ich bin gebürtige Bottroperin, da interessiert mich natürlich gerade auch das Josef Albers sehr“, sagt Besucherin Elsa Cremers. Sie hatte mit ihrem Mann Hans an der Führung teilgenommen.
Auch wenn Demenz bislang ein Prozess ist, der nicht heilbar ist, hätten jedoch Studien ergeben, dass solche positiven Erfahrungen und Aktivitäten, wie zum Beispiel die Auseinandersetzung mit Kunst oder auch Musik den Prozess verlangsamen können. „Schon deshalb sind wir sehr glücklich, auch im Quadrat jetzt so etwas anbieten zu können“, sagt Museumspädagogin Sarah Kaleve.
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