Bottrop. Hinter dem Namen Doris D. verbergen sich drei Musiker aus Bottrop und vom Niederrhein. Auf Vermittlung des Kunst- und Literaturvereins für Gefangene gaben sie jetzt ihr erstes Konzert hinter Gittern, vor 25 schweren Jungs in der JVA Willich I.
Über sieben Brücken musst du gehn - so sang einst „Karat“, Kultband der alten DDR. Auch Peter Maffay coverte - mit Erlaubnis der Gruppe - den Song. Die Bottrop-Weseler Formation „Doris D.“ hat den Hit von damals zwar ebensowenig im Repertoire wie die berühmten „sieben Fässer Wein“ von Roland Kaiser, auch wenn die manchmal die Rettung sein können. Dafür können die Jungs aber jetzt ein Lied davon singen, wie es ist, wenn man für ein Konzert vor äußerst ausgesuchtem Publikum sieben Türen und sieben Schlösser überwinden muss. „Doris D.“ spielte nämlich jetzt in der Justizvollzugsanstalt Willich I.
Bewaffnet lediglich mit zwei Gitarren, einem Cajon und ihren Stimmen, ziehen Oyo Steinke, Jörg van Kesteren und Michael Bokelmann für einen Abend in die JVA. „Schwere Türen für schwere Jungs“: Michael Bokelmann, der Bottroper Gitarrist der Formation, meint damit natürlich die handverlesene Zuhörerschaft von etwa 25 Häftlingen.
Ob die normalerweise in die Kapelle gehen, bleibt ungewiss. Aber an diesem Abend sitzen sie da. Vom Schwerbrecher mit den fast schon klischeehaften tattoo-übersäten Oberarmen bis zum Akademiker: Räuber, Mörder, Betrüger, die ganze Bandbreite, die eine JVA aufzubieten hat.
„Schon die Fahrt aufs Gelände ist abenteuerlich“, sagt Bokelmann. Von wegen Spiegel unters Auto gehalten zur Kontrolle. Das war ja zu Zeiten von „Karat“ fast schon out. Mit Sensoren checkt man den Wagen, sozusagen auf Herz aund Nieren. Drei Personen sind angemeldet. Ein vierter Puls würde dem Gerät nicht verborgen bleiben. Auch der Klassiker darf nicht fehlen: Pass vergessen. Aber Doris’ dritten Mann lässt man doch herein. „Die könnnen ihn ja auch über die Homepage identifizieren“, so der Gitarrist, der im Hauptberuf eine Werbeagentur betreibt. Überhaupt: „Die JVA-Mitarbeiter sind grandios. Superfreundlich, kompetent, immer um Lösungen bemüht und total entspannt“, erzählt Bokelmann.
Locker wird das Musiker-Trio erst während des Konzertes. „Man hat uns vorgewarnt“, so Bokelmann. Zum Teil säßen dort die ganz Harten. „Sieht auch so aus. Erste Reihe: Man streckt die Beine von sich, Arme verschränkt vor der Brust, offen wirkt das zunächst nicht.“ Aber langsam kommt Stimmung auf. Ob die sonst Ich+Ich, Jan Delay oder Silbermond hören, weiß man nicht so genau. Aber irgendwann gibt es Resonanz, auch die schweren Jungs gehen mit. Und am Ende spielt die Doris noch länger als ursprünglich ausgemacht.
Doris D. verlässt die Anstalt nicht, ohne hinter die Gitter zu blicken. „Die Zellen sind eng. Selbst wenn der Schlüssel nur zum Spaß umgedreht wird, freut man sich, wieder rauszukommen.“ Schon ein echtes Schlüsselerlebnis. Und dabei ist Doris noch jung, ganze süße sechs.
Der Kontakt zur Justizvollzugsanstalt Willich I kam über den Kunst und Literaturverein für Gefangene mit Sitz in Dortmund zu Stande, der seit vielen Jahren Kulturprogramme in Gefängnissen organisiert. www.kunst-und-literaturverein.de
Auch in der Bottroper Jugendarrestanstalt gab es bereits Konzerte, unter anderem sang dort mal Gunter Gabriel im Kulturhauptstadtjahr, wie einstmals Johnny Cash. Bandauftritte seien auch dort durchaus wieder einmal denkbar, so Mitarbeiter Christoph Twardus gegenüber der WAZ.