Bottrop. . Bereits in der 25. Schwangerschaftswoche erblickte sie das Licht der Welt - viel zu früh, zu leicht und zu klein. Das erste Weihnachtsfest feiern Eltern und Tochter auf der Neugeborenenstation im Marienhospital.

Bei ihrer Geburt war Julia so winzig und zierlich wie eine Barbiepuppe. „Eigentlich noch kleiner“, meint Mutter Daniela Brinkhoff. Auf jeden Fall war Julia viel zu klein und viel zu leicht, als sie 15 Wochen zu früh ins Leben gerissen wurde - nur 480 Gramm leicht und 27 Zentimeter klein. Seit nunmehr elf Wochen wird die Kleine in der Kinderklinik K2 Neonatologie von Schwestern, Ärzten und natürlich den Eltern Dr. Daniela und Christian Brinkhoff liebevoll aufgepäppelt. Das erste Weihnachten mit ihrem Kind wird aber noch auf der Station stattfinden.

Ständiges Auf und Ab

„Das macht aber nichts, wir fühlen uns hier wie in einer großen Familie“, stellt Daniela Brinkhoff fest. „Zudem wäre der Geburtstermin ja sowieso erst am 21. Januar gewesen.“ Und überhaupt: Wichtig ist, Julia geht es gut! Denn das ist bei „extrem Frühgeborenen“ - so die Fachsprache für Neugeborene unter 1250 Gramm - nicht selbstverständlich. In den letzten Wochen wirbelten die Eltern durch eine Achterbahn der Gefühle. „Man weiß nie, was kommt. Es ist ein ständiges Auf und Ab“, beschreibt Daniela Brinkhoff.

Seit elf Wochen päppeln die Ärzte Sezgin Ata (links) und Chefarzt Dr. Martin Günther (rechts), Schwestern und Pfleger sowie natürlich die Eltern Daniela und Christian Brinkhoff (Mitte) die kleine  Julia auf.
Seit elf Wochen päppeln die Ärzte Sezgin Ata (links) und Chefarzt Dr. Martin Günther (rechts), Schwestern und Pfleger sowie natürlich die Eltern Daniela und Christian Brinkhoff (Mitte) die kleine Julia auf. © FUNKE Foto Services

Angefangen hat alles gleich nach ihrem Nordsee-Urlaub. „Wir kamen erholt zurück, und mir ging es gut“, erinnert sich die 36-Jährige an den 6. Oktober. Aber bei der routinemäßigen Vorsorgeuntersuchung an diesem Tag zeigte sich, dass die Versorgung von Julia nicht gut war und im Nu fanden sich die Eltern im Krankenhaus wieder. „Natürlich war das ein großer Schreck, aber die Tragweite der Diagnose hab ich in diesem Moment wohl nicht erkannt“, meint Daniela Brinkhoff.

In einem Berg voller Handtücher

„Am schlimmsten war die schnelle Entwicklung“, erinnert sich Christian Brinkhoff. „Morgens ging es um Tage, die gewonnen werden sollten, nachmittags nur noch um Stunden.“ 24 Stunden später war Julia dann auch schon da - per Kaiserschnitt und in der 25. Schwangerschaftswoche. „Ich wartete vor dem OP, und dann kam ein Berg voller Handtücher und dazwischen ein winzig kleines Köpfchen“, so der 41- Jährige und Mutter Daniela fügt hinzu: „Während ich mich noch auf den dicken Bauch freute, war ich plötzlich schon Mutter.“

Julia ist eine von 14 extrem Frühgeborenen, die in diesem Jahr im Marienhospital zur Welt kamen. „Sie werden gemäß des ‘minimal handlings’ aufgepäppelt“, erläutert Sezgin Ata, Oberarzt der Neonatologie im MHB. „Das bedeutet, dass die Frühchen so wenig wie möglich gestört werden. Die Kunst ist nichts zu tun.“

Wie bei extrem Frühgeborenen üblich, war die Lunge der kleinen Julia unterentwickelt, so dass sie beatmet werden musste. Nach drei Wochen musste sie operiert werden, weil sich der Ductus - die Verbindung zwischen Aorta und Lungenarterie - nicht geschlossen hatte. „Aber Julia ist eine kleine Kämpferin“, stellt ihre Mutter glücklich fest. „So kritisch es oft war, sie hat das alles geschafft.“

Daniela und Christian Brinkhoff freuen sich, dass ihre Tochter nun im Wärmebettchen liegen darf.
Daniela und Christian Brinkhoff freuen sich, dass ihre Tochter nun im Wärmebettchen liegen darf. © FUNKE Foto Services

„Der erste Schrei war ein riesiger Glückmoment“

Neben all den Sorgen und Ängsten gab es in den letzten Wochen jedoch auch viele schöne Momente, solche, die zeigen: Es geht aufwärts. „Der erste Schrei war ein riesiger Glücksmoment“, erzählt Daniela Brinkhoff strahlend. „Oder als Julia die 1000-Gramm-Schwelle überschritten hat“, fügt Christian Brinkhoff hinzu. „Seither bekommt sie Muttermilch.“ Inzwischen bringt Julia 1870 Gramm auf die Waage und misst 40 Zentimeter. Die Eltern dürfen ihre Julia selbst wickeln, und sie hat den Inkubator gegen ein Wärmebettchen getauscht. Daniela Brinkhoff liest ihrer Tochter Geschichten vor, singt für sie und vor allem gibt’s immer viele Streicheleinheiten. „Sie soll doch wissen, dass wir da sind.“ Und wenn Mama und Papa nicht da sind, dann ist da der kleine gelbe Stoffstern in ihrem Bettchen, der nach Mama duftet.

Wenn alles gut geht, können Frühchen etwa zwei Wochen vor dem eigentlichen Geburtstermin die Klinik verlassen. „Voraussetzung ist, dass sie kontinuierlich zunehmen, selbstständig ihre Temperatur halten und trinken können“, erklärt Oberarzt Sezgin Ata. Julia ist auf einem guten Weg, auch das zu schaffen. Der Alltag ihrer Eltern ist seit Julias Geburt sehr strukturiert, etwa sechs Stunden verbringen sie täglich bei ihr in der Klinik. „Julia ist unser absolutes Wunschkind, sie ist unser großes Glück. Und sie gibt nun den Rhythmus an.“