Bei den Missionsärztlichen Schwestern in Bottrop strahlt keine Lichterkette im Hof, für sie ist der Advent auch eine Chance, das Dunkel der Jahreszeit auszuhalten
Die Tür, die die Missionsärztlichen Schwestern öffnen, führt nicht in ein gewöhnliches Zimmer. Die Tür, die sie aufmachen, leitet hin zu etwas Ideellem, sie führt in diese ganz besondere Zeit hinein, die gerade angebrochen ist: Sie führt in den Advent.
Das Wort bedeutet Ankunft und weist auf die Geburt Jesu. Der Advent berührt auf seine Weise wohl die allermeisten Menschen. Und sie zeigen ihre vor-weihnachtlichen Gefühle auch nach außen: Überall strahlen jetzt Lichterketten, Schwibbögen leuchten aus den Fenstern der Häuser, viele bunte Sterne blinken durch die Scheiben. Der Advent, das ist die Zeit der anheimelnden Dekorationen, die Zeit des Lichts.
Doch bei den Ordensfrauen an der Scharnhölzstraße, für die eine ganzheitliche Heilung des Menschen und der Welt von zentraler Bedeutung ist, leuchtet keine Lichterkette im Hof, kein Stern blinkt aus den Fenstern herüber. Das einzige, das hier auf den Advent deutet, das ist ein ganz einfacher Adventskranz auf dem Tisch in dem einladend wirkenden Wohnraum der insgesamt fünf Ordensfrauen. Nur vier gelbe Kerzen auf den Tannenzweigen, kein güldener Schmuck, kein Schnickschnack. Ihre Adventstür lenkt in einen Raum, der im Inneren der Menschen zu finden ist.
„Advent, das ist auch eine Chance, das Dunkel dieser Jahreszeit auszuhalten, sich vorzubereiten auf die Erfahrung von Weihnachten und auf das Leben, das kommen kann“, sagt die Physiotherapeutin Schwester Christiana Hanßen. Advent – das Dunkel, das gar nicht verdrängt werden soll.
Noch eine andere Wirklichkeit
Auch Schwester Beate Harst, die als Krankenhaus-Seelsorgerin und im Hospiz sterbende und trauernde Menschen begleitet, sieht den Advent und das Dunkel der Jahreszeit als eine große Chance. „Ich habe im Krankenhaus mit Menschen zu tun, die sehr viel Gebrochenheit erlebt haben. Da gibt es Situationen, in denen man einfach nur schreien möchte vor Ohnmacht. Der Advent ist eine Zeit, in der die Menschen die große Traurigkeit, die große Sehnsucht nach Heilung, nach Leben, auch ausdrücken können.“ Advent, sagen die Ordensfrauen, das sei eine Zeit, in der das alles zugelassen und ausgedrückt werden kann, leichter vielleicht, als zu allen anderen Jahreszeiten – weil die Hoffnung auf Weihnachten immer mit da sei.
Für sie ist der Advent aber auch eine Zeit, die nachdenklich macht, die auf das lenkt, was hinter der Welt liegt. „Was wir in der biblischen Lesung in diesen Tagen hören, sensibilisiert dafür, dass es eine Wirklichkeit außerhalb der materiellen Welt gibt“, sagt Schwester Beate.
Keine Herberge für die schwangere Flüchtlingsfrau
Die biblische Geschichte von Maria und Josef, die für die Geburt Jesu nach einer Herberge suchen, ist für Schwester Ursula Preußer eine ganz reale Geschichte, der sie im Alltag sehr oft begegnet. Sie arbeitet in Duisburg-Marxloh im Sozialpastoralen Zentrum und kümmert sich auch um Flüchtlinge. „Wir suchen gerade ein Krankenhaus, in dem eine schwangere Frau, die nicht krankenversichert ist, entbinden kann. Sie glauben nicht“, sagt die Ordensfrau, „wie schwer das für Flüchtlinge ist“. Aber sie gibt nicht auf: „Es wird irgendwie gehen, bei Maria ging es ja auch“.
Es gehe vor allem, weil viele Menschen in Marxloh mithelfen würden, sagt sie. An der ersten Sprechstunde für nicht-versicherte Flüchtlinge habe sich eine Ärztin beteiligt, an der zweiten schon zwei Ärztinnen, eine Hebamme, eine Kinderkrankenschwester, bei der dritten Sprechstunde waren es zwei Ärzte, zwei Krankenpfleger, und viele, viele Helfer, die Medikamente gespendet hätten.
Schwester Gertrud Dederichs, die in der Krankenhaus-Seelsorge arbeitet und interreligiöse Gespräche mit Muslimen organisiert, kommt an dieser Stelle wieder auf das Licht zu sprechen, das im Advent eine so große Rolle spielt. „Die vielen Menschen, die überall da sind und helfen, die präsent sind, das sind für mich die Lichter .“
Advent im Kloster – das ist ein Licht ganz ohne den hellen Trubel von draußen; ein Licht, das strahlt, weil man es gar nicht sieht.