Bottrop. In den Lebensmittel-Läden am Boyer Markt und in Bottrop-Stadtmitte sprechen Verkäuferinnen polnisch mit ihren Kundinnen - und das polnische Nationalgericht Bigos gibt es da auch.
„Polnische und deutsche Leckereien“ ist auf der roten Leuchtreklame über dem Lebensmittelgeschäft am Boyer Markt zu lesen. Diese Reihenfolge hat ihren Grund. Fast alle Waren in dem Laden sind in Polnisch beschriftet, und auch am Schaufenster können Kunden auf Polnisch lesen, was sie hier kaufen können: Wedliny, Pierogi, Slodycze, Seri, auch Piwo - und jeden Mittwoch ist Bigos-Tag.
Der alte Ruf der Stadt
So steht es handgeschrieben auf dem blassgrünen Pappschild, das in dem neuen Geschäft an der Horster Straße 400 hinter der Ladentheke hängt. Neben Wurstwaren, Teigtaschen, Süßigkeiten, Käse und Bier ist mittwochs also das polnische Nationalgericht zu haben: ein Eintopf aus gedünstetem Sauerkraut mit Würsten und Fleisch. Denn, so sagt Verkäuferin Rosa Fraszczak: „Hier leben ja viele Polen.“
Der alte Ruf der Stadt als Klein-Warschau kam ja auch nicht von ungefähr. Früher gründeten hier Polen Vereine, Gewerkschaften und Parteien, als sie zum Arbeiten im Steinkohlenbergbau nach Bottrop kamen. In den Achtziger Jahren noch beschrieb die Hamburger Illustrierte „Stern“ Bottrop deshalb als eine Stadt, „wo du die Currywurst noch mit Zloty bezahlen kannst“. Nun, auch in Polen ist jetzt längst der Euro als neue Währung eingeführt. Doch Gottesdienste in polnischer Sprache feiern sie in Bottrop auch heute noch.
Sehnsucht nach der alten Heimat
Mit den meisten ihrer Kundinnen spricht auch Rosa Fraszczak polnisch, und am Telefon mit Lieferanten, wenn sie ausgegangene Waren nachbestellt. Dabei leben die älteren Leute, die aus Polen stammen, schon über Jahrzehnte hier. „In der zweiten und dritten Generation kommen polnische Kundinnen zu uns“, sagt die Verkäuferin. Speisen nach den polnischen Rezepturen hätten ihren eigenen Geschmack. „Die älteren stillen so ihre Sehnsucht nach der alten Heimat“, sagt Rosa Fraszczak, „doch auch die Enkelkinder kaufen bei uns ein“. Wie im neuen Laden in der Boy liegen auch in Stadtmitte in dem Geschäft für schlesische Spezialitäten Zeitschriften in polnischer Sprache aus. Mit Marmolada sind die Marmeladengläsern beschriftet und mit Musztarda jene mit Senf. Auch Bigos in Gläsern gibt es in dem Geschäft an der Poststraße und die deftige Sauermehlsuppe Zurek Slaski aus Schlesien in Flaschen. „Das kaufen meist nur Leute, die aus Polen stammen“, sagt Gabriela Perlyda. Seit gut 15 Jahren bietet sie in dem kleinen Geschäft die schlesischen Spezialitäten zum Kauf an, nur für ein Intermezzo war der Laden an die Essener Straße umgezogen.
Lieferanten aus Polen
Kurz nach der Jahrtausendwende bereitete auch noch ein schlesischer Metzger aus der Nähe die Wurstspezialitäten wie Oppelner Bockwurst oder Mazurska zu. Doch jetzt haben alle drei Lieferanten des kleinen Spezialitäten-Geschäftes ihren Firmensitz in Polen.