Christoph Böll wagt sich an eine filmische Annäherung an die „Situation Kunst” und den Kunsthistoriker Max Imdahl.

Das „Terminal” von Richard Serra – ein so gewagtes wie gewichtiges Kunstwerk. Seit 30 Jahren hält es in rostiger Präsenz stille Wacht vorm Hauptbahnhof. Inzwischen ist der Trumm ein Bochumer Symbol geworden, an dem mancher schon achtlos vorbei geht.

Genau hingucken

Zwei, die immer noch genau hingucken, wenn sie am „Terminal” vorbei kommen, sind Christoph Böll (59), der Filmemacher, und Peter Lohmeyer (47), der Schauspieler. Dieser Tage unterzogen sie wieder einmal der Serra-Plastik eine persönliche Visitation, und das aus gutem Grund. Wie berichtet, arbeitet Böll zurzeit an einer filmischen Dokumentation über die „Situation Kunst” und den unvergessenen Bochumer Kunsthistoriker Max Imdahl (1925-1988). „Die Aufstellung des ,Terminals' war 1979 mit einer unglaublich emotionalen Auseinandersetzung verbunden”, erinnert sich Böll. Und Imdahl war ein Wegbereiter der damals nicht selbstverständlichen Entwicklung, sich mit modernen Kunst zu konfrontieren.

Allerlei Recherchen

Böll hat in den letzten Monaten allerlei Recherchen angestellt. Er suchte und fand in Archiven Film-Dokumente über Imdahl aus den 70er Jahren, er interviewte Zeitzeugen, etwa den früheren Vorsitzenden des Kulturausschausses, Fritz Bahlo, sowie Weggefährten Imdahls aus dem Umfeld der Ruhr-Uni. Und er nahm sich Zeit, um die „Situation Kunst” im Weitmarer Schlosspark, jene Ausstellung mit fernöstlicher und zeitgenössischer Kunst, die Imdahl gewidmet ist, mit der Kamera zu ergründen. Es entstanden stille, emotionale, ungemein kraftvolle Bilder, in denen die „Kunst” zu reden anfängt.

Annäherungen an die karge Kunst

Einer , der die sperrigen Arbeiten in Weitmar für sich entdeckte, ist Schauspieler Peter Lohmeyer, der mit seiner Frau Sarah Wiener vor Bölls Kamera Annäherungen an die Serra-Plastik in der Situation Kunst wagte. Lohmeyer zeigt sich beeindruckt von der Präsenz des Plastischen in den kargen Ausstellungshallen. „Kunst als Begegnung mit sich selbst ist eine unglaubliche Erfahrung”, sagt der bühnen- und filmerprobte Darsteller: „Man muss sich jedoch intensiv auf diese ,Spiel', das Kunst auch immer ist, einlassen.”

"Man muss sich einlassen"

Auch Böll „lässt sich ein”. Anfangs war es die Situation Kunst, die im Vordergrund seiner filmisch-künstlerischen Aneignung stand. Dann ging die Recherche tiefer, und immer wieder fand er beim Graben in der Vergangenheit Spuren und Einschätzungen von Max Imdahl. „Man macht eine Tür auf und stößt sofort wieder auf Neues”, beschreibt Böll den Arbeitsprozess für seinen Film-Essay, Arbeitstitel: „Sehenden Auges.

Emotionaler Zugang des Zuschauers

Wann seine Reflexion über Kunst, Kunstverständnis und Kunstvermittlung „fertig” sein wird, kann der Regisseur (noch) nicht sagen. Sein Plan ist es, dem „Terminal”, ja: der Konkreten Kunst überhaupt, die Möglichkeiten zu geben, möglichst beredet „sich selbst zu erklären”, mithin einen Film zu drehen, der es dem Zuschauer ermöglicht, emotionalen Zugang zu der oft als sperrig aufgefassten Kunst aufzubauen. Dabei hat er ein Vorbild: Wer Max Imdahl nämlich bezüglich eines Kunstwerks verständnislos sagte „Damit kann ich nichts anfangen!”, dem antwortet er: „Dann fang' doch mal an, anzufangen!”

Christoph Böll möchte diesen Anfang wagen.