Weitmar. . Die „Bürgerinitiative Bahnhof Weitmar“ wehrt sich gegen 78 neue Wohneinheiten. Grüne Lunge für den Stadtteil soll erhalten bleiben

Am Alten Bahnhof Weitmar fahren längst keine Züge mehr ein und aus. Stattdessen hat sich die Natur breit gemacht. Kinder haben das Gelände mit gut 10 000 Quadratmetern Waldfläche zwischen Springorumallee und Prinz-Regent-Straße als Abenteuerspielplatz entdeckt. Anwohner wollen dort zudem Rehe, zahlreiche Schmetterlingsarten, Fledermäuse und sogar einen Dachs ausfindig gemacht haben. Kurzum: Für viele ist das ehemalige Industriegelände zu einem Naherholungsgebiet vor der eigenen Haustür, mitten im Stadtteil, geworden.

Doch könnte der grünen Lunge bald die Luft ausgehen. 78 Wohneinheiten sollen nach Vorstellungen der Stadt auf dem alten Bahnhofsgelände entstehen. Die zuständigen politischen Gremien haben bereits grünes Licht gegeben. In der Verwaltungsvorlage heißt es dazu: „Ziel des Bebauungsplans ist die Revitalisierung des Brachgeländes durch die Entwicklung eines attraktiven Wohngebietes.“

Für Anwohner Jürgen Dassow ist nicht nur diese Formulierung, sondern das gesamte Projekt eine Frechheit. „Das ist doch alles zynisch und naturverachtend“, stellt er klar. Bei dem Gelände handele es sich schließlich bereits jetzt um ein „intensiv genutztes Trockenbiotop“. Dassow: „Jogger, Radfahrer und Spaziergänger schätzen das Biotop Bahnhof. Das Gelände ist schon vital.“

Daher hat Dassow nun mit über 30 weiteren Anwohnern die „Bürgerinitiative Bahnhof Weitmar“ gegründet. Der Protest der Bürgerbewegung richtet sich zunächst gegen die aktuellen Planungen, gegen den „beschleunigten“ Verfahrensweg der Stadt und bemängelt das Fehlen eines schlüssigen Verkehrskonzeptes. Bei 18 Reihen-, 48 Doppel- und zwölf Einfamilienhäusern sei, so die Initiative, auch mit bis zu 150 Autos mehr vor allem während der Hauptverkehrszeiten zu rechnen. „Und das, obwohl sich am alten Bahnübergang sowieso schon häufig gefährliche Situationen ergeben“, sagt Jürgen Dassow.

Auf WAZ-Anfrage bestätigt Stadtbaurat Dr. Ernst Kratzsch, dass die Erschließung des Neubaugebietes tatsächlich über die bereits vorhandene Straße An der Holtbrügge erfolgen soll. Eine weitere Zufahrt, bei geplanten baulichen Maßnahmen etwa Am Kuhlenkamp, sei nicht erforderlich. Insgesamt sieht Kratzsch kaum Alternativen zum Bebauungsplan. „Wir haben es bei der alten Rangieranlage für Thyssen mit einem zugewachsenen Gelände zu tun.“ Und damit könne von einem Biotop keine Rede sein. „Es spricht nichts dafür, alles so zu belassen. Der aktuelle Flächennutzungsplan sieht Wohnungsbau vor. Daran halten wir uns.“

Dassow und die Bürgerinitiative haben dagegen ein Alternativkonzept im Blick. Sie würden den alten Bahnhof von 1870 lieber zu einem kulturellen Zentrum mit Café ausbauen. Dadurch soll ein Treffpunkt für die Anwohner entstehen, gleichzeitig das grüne Umfeld erhalten bleiben.

Initiative will sich wöchentlich treffen

Das etwa 3,6 Hektar große Plangebiet befindet sich im Besitz der Stadt Bochum, der Deutschen Bahn und einer weiteren Gesellschaft. Ob ein möglicher Investor bereits ein Vorkaufsrecht hat, ist nicht bekannt. Inwiefern der Boden durch die frühere Nutzung belastet sein könnte, kann Kratzsch derzeit ebenfalls noch nicht sagen. Eine Untersuchung erfolge im Frühjahr 2014.

Wöchentlich will sich die Bürgerinitiative mit Fragen zur Bebauung an die Verwaltung wenden. Dabei soll es auch um die neue Streckenführung des geplanten Springorum-Radwegs gehen. Auch dieser müsste im Zuge der Bebauung umgeleitet werden.