Stiepel. . Bei einem Ferienpass-Kurs auf dem Kemnader See lernen Kinder, dass Surfen auch ohne Maus in der Hand Spaß machen kann. Seit einem Jahr gibt es hier die Surfschule „Westufer“.

Natürlich ist Surfen auf dem Ijsselmeer bestimmt sehr schön. Und auf Hawaii soll es auch traumhafte Strände geben. Wer dort aber während der Sommerferien dummerweise nicht hinkommt, für den gibt es eine lohnenswerte Alternative: Surfen auf dem Kemnader See!

Damals in den 80er Jahren, als der Surf-Boom am größten war, sah man viele bunte Segel und Sportler im Trapez auf dem Stausee rauf und runter kreuzen. Doch das ist eine Weile her: „In den letzten Jahren ist das Windsurfen hier eher stiefmütterlich behandelt worden“, hat Sebastian Bücking beobachtet.

Dies brachte den 33-jährigen Sportfanatiker auf eine findige Idee: Gemeinsam mit seiner Partnerin Mareike Mohr (29) gründete an den Bootshallen Gibraltar die Surfschule „Westufer“. Ein Jahr ist das jetzt her – und seitdem erleben die wackeligen Bretter auf dem Kemnader See eine schöne kleine Renaissance. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so gut läuft“, sagt Bücking.

Während der Sommerferien bietet die Surfschule Schnupperkurse für Schüler an, die schon immer mal gern ein Segel aus dem Wasser hieven wollten. Ob das Spaß macht? „Aber logo“, strahlt Alina (9) und schaukelt auf ihrem Surfbrett. Obwohl: „Das Segel im Wind zu halten geht ganz schön in die Arme“, meint Helen (11).

Alles beginnt mit Theorie

Wie bei fast allen spannenden Sachen im Leben beginnt auch ein Surfkurs zunächst mit Theorie. Dabei stehen wichtige Sicherheitsregeln ebenso auf dem Lehrplan wie Einblicke in den Natur- und Umweltschutz. „Hier zeigen wir den Kindern, dass man besser nicht über die Böschung ans Ufer klettern sollte und auf die Tiere hier unbedingt achtgeben muss“, erzählt Bücking.

Danach geht’s dann schon aufs Wasser, was den zwölf Schülern der Gruppe natürlich den meisten Spaß macht. Vorausgesetzt, es herrscht etwas Wind auf dem See. Falls nicht, gibt es einen Notfallplan: „Dann machen wir SUP“, sagt Bücking. Das steht für „Stand up paddling“ und bedeutet, dass die Kinder stehend auf dem Brett im Wasser paddeln, was ungeheuer das Gleichgewicht schult. „Dann paddeln wir ‘rauf bis Heveney und essen ein Eis.“

Heute Surflehrer, morgen Skilehrer

Am Ende der Woche können die Teilnehmer dann nicht nur sicher auf dem Brett stehen, sie bekommen dafür auch einen Grundschein, der vom Surfverband VDWS anerkannt ist. „Damit können sie dann auch auf anderen Seen surfen.“ Nötig dafür ist allerdings, die theoretische Prüfung am letzten Tag nicht zu vergeigen.

Auf den neuerlichen Surf-Boom am Kemnader See ist Sebastian Bücking schon etwas stolz. „Seit Mai bin ich sieben Tage die Woche hier am See“, erzählt er. Ob Schulklassen, AGs oder Studenten der Ruhr-Uni: Vom Charme des schnellen Gleitens übers Wasser lassen sich alle gern anstecken.

„Ich bin über meinen Vater zum Surfen gekommen“, erinnert sich Bücking. Mit sechs Jahren stand er auf dem Wörthersee zum ersten Mal auf den Brettern. „Mein Vater, der Arzt ist, hat mich zwar für etwas verrückt gehalten, als er erfuhr, dass ich mitten im Ruhrgebiet eine Surfschule aufmache“ schmunzelt er. „Aber mittlerweile hat er das verstanden.“ Wenn sich die Saison dem Ende neigt und der Winter beginnt, wird Bücking übrigens nicht arbeitslos: „Dann arbeite ich als Ski- und Snowboardlehrer in den Alpen.“