Querenburg. Autorin Alexandra Tobor siedelte im Alter von acht Jahren nach Deutschland um. Bei ihrer Lesung im Uni-Center erzählte sie von ihren Erlebnissen, die sie in einem überaus witzigen Buch verarbeitet hat.

„Der 1. Mai 1986 ist das Datum, an dem meine Geschichte beginnt.“ Gut 70 Besucher kamen in die Stadtteilbücherei Querenburg, um die junge Schriftstellerin Alexandra Tobor aus ihrem Erstlingswerk „Sitzen vier Polen im Auto“ lesen zu hören.

Darin erzählt sie sehr lebhaft von einem Stück polnisch-deutscher Migrationsgeschichte ab Mitte der 80er Jahre. Auch nach fast drei Stunden waren alle begeistert: „Ich hätte noch stundenlang zuhören können“, sagte Besucher Günter Nierstendörfer am Ende begeistert.

Saxophonist Norbert Labatzki spielte passend zu der Lesung Improvisationen. Ein Beamer warf historische Fotos und Komisches aus Polen und Deutschland auf die Leinwand.

Die BRD als vermeintliches Paradies

In ihrem Buch erzählt Tobor die Geschichte der sechsjährigen Ola, die zugleich die Autorin selbst ist. In Polen stellt sie sich auf der Straße tot und verursacht so einen Menschenauflauf. Der Grund: Sie will ein bitteres Jodgemisch gegen die radioaktive Wolke aus Tschernobyl nicht einnehmen. Ihre Oma holt sie mit dem Duft eines Zitronendrops wieder zurück ins Leben.

Eine weitere Station der Geschichte ist das Finden eines „Goldenen Buches“ mit dem Titel „Quelle“, das dem Kind einen Vorgeschmack auf die BRD als vermeintliches Paradies gibt. Denn darin sind Spielsachen, Kleidung und vieles mehr abgebildet, die es in den ständig leeren Auslagen der örtlichen Geschäfte nicht gibt. Ola: „Bisher hatte ich geglaubt, dass Gott für Strumpfhosen keine anderen Farben als Weiß und Beige vorgesehen hatte.“

Tobor erzählt mit feinsinnigem Humor

Den zweiten Teil der Lesung widmete Tobor der Reise der vierköpfigen Familie als Spätaussiedler in die BRD mit einem Fiat und dem ersten Schulbesuch. Dies wird – mit der ersten Pizza, der Kleidungsmode mit Löchern in der Jeans – zum kulturellen Gegenblick und zur Alltagssatire durch die staunenden Augen von Ola. In der Schule fällt Ola bei den Mitschülern erst durch, da sie so ganz anders ist.

Tobor erzählt und liest alles mit feinsinnigem Humor. Die Pointen retten immer wieder die tragische Situation. „So war das damals“, erinnerte sich Marta Kowalski, die 1984 in die BRD kam. Beide schwelgen dann in Erinnerungen, auch an schwierige Zeiten.