Südwest. . Die Bombardierung der Möhnetalsperre vor 70 Jahren sorgte auch in Linden und Dahlhausen für einen Ausnahmezustand. Bis hierher rollten die Wassermassen.
Genau 70 Jahre ist es her, seit die Möhnetalsperre im Zweiten Weltkrieg bombardiert wurde. Viele Linden-Dahlhauser können sich noch gut an die schrecklichen Bilder erinnern. Denn bis in den Bochumer Südwesten waren die Wassermassen damals gekommen.
In der Nacht vom 16. auf den 17. Mai 1943 warfen britische Flugbomber speziell entwickelte Roll- bzw. Rotationsbomben auf die Möhnesee-Sperrmauer. Die Talsperren im Sauerland sollten gesprengt werden, um die Wasserversorgung im Ruhrgebiet abzuschneiden und damit auch die Rüstungsindustrie zu schwächen.
Da der Möhne-Stausee zu dieser Zeit voll gefüllt war, ergossen sich die Wassermassen bis ins Ruhrtal. Sie rissen alles mit, was im Wege stand: Etwa 1600 Menschen sollen in den Fluten ums Leben gekommen sein, darunter viele Zwangsarbeiter bzw. Kriegsgefangene.
Ein Augenzeuge, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, kam damals als Achtjähriger von einer Erholungskur zurück. „Meine Mutter holte mich vom Bahnhof in Bochum ab. Nach Oberdahlhausen fuhren wir mit der Straßenbahn, der Linie 20. Ich erinnere mich noch gut, dass meine Mutter irgendwie bedrückter Stimmung war “, erinnert er sich.
Leitungswasser wurde abgestellt
Ziemlich schweigsam seien sie zu Hause angekommen. „Wir wohnten zu der Zeit im Meinholtweg zur Miete. Von dort aus hatte man einen freien Blick ins Ruhrtal, besonders zum Bereich der Altendorfer Eisenbahnbrücke und zum dortigen Wassergewinnungsgelände. Das Ruhrtal war überflutet. Nun war dort ein riesiger, schmutzig grauer See zu sehen.“
Nur die oberen Teile der Brücke hätten aus dem Wasser heraus geragt. „Ich fragte meine Mutter, was das war. In der Wohnung erzählte sie mir davon und dass man nicht darüber sprechen darf.“ Denn das nationalsozialistische Regime konnte eine solche Niederlage im eigenen Land nicht zugeben.
Der Oberdahlhauser erinnert sich noch daran, dass das Leitungswasser abgestellt worden war: „Wir holten einige Tage am gegenüberliegenden Kotten Wasser aus dem Ziehbrunnen.“ Kurz darauf fuhr der Junge mit der Kinderlandverschickung ins vor Bomben sichere Pommern.
Ertrunkene Pferde lagen in den Ruhrwiesen
„In den Ruhrwiesen lagen ertrunkene, aufgeschwemmte Pferde, Kühe, Schweine sowie Möbelstücke und Unrat. Es war ein furchtbarer und trostloser Anblick“, erinnert sich eine andere Augenzeugin. „Als wir ruhrabwärts blickten, sahen wir, wie sich das auf Stelzen stehende Bootshaus der Rudergesellschaft ‘Rulida’ plötzlich anhob, sich um sich selbst drehte und fortgerissen wurde.“ Die Kassenberger Straße und die Dr.-C-Otto-Straße waren völlig überflutet, das damalige Postamt stand inmitten der Fluten.
Auch wenn es in Linden-Dahlhausen zum Glück wohl keine Toten durch die große Flut gab, hinterließ das Hochwasser auch hier eine Schneise der Verwüstung.