Ehrenamtliche Helfer geben in der Suppenküche für Bedürftige auch etwas menschliche Wärme
Wiemelhausen. Früh um sieben klingelt bei Karina Wischniewski jeden Sonntagmorgen der Wecker. Genüsslich ausschlafen ist nicht mehr, seit die 51-Jährige vor einigen Jahren beschlossen hat, in der Suppenküche der evangelischen Petrigemeinde für Bedürftige den Kochlöffel zu schwingen.
Trifft sie in der großen Küche des Gemeindehauses ein, setzt sie erstmal Kaffeewasser auf und schmiert Brötchen fürs Frühstück. Nach und nach treffen auch die anderen fleißigen Helfer ein. Ingeborg Pottleschny kommt extra jeden Sonntag früh aus Duisburg nach Bochum gefahren. Hier packen alle mit an, keine kehrt die Chefin heraus.
Mittlerweile brodelt in riesigen Töpfen das Mittagessen auf dem Herd. Meist wurde es aus dem nahe gelegenen Johannesstift am Vortag abgeholt. Heute stehen Nudeln mit Gulasch, Erbsensuppe und anschließend Kuchen und Berliner auf dem Speiseplan. Gut 30 hungrige Gäste aus ganz Bochum haben sich inzwischen im Gemeindehaus eingefunden. Waren es vor Jahren hauptsächlich obdachlose alleinstehende Männer, kommen seit einiger Zeit immer mehr Hartz IV-Empfänger, vermehrt auch jüngere Frauen und Familien mit Kindern. „Und immer mehr Ältere, bei denen die Rente nicht für ein warmes Essen jeden Tag reicht”, stellt Mitarbeiterin Ruth bedrückt fest.
Eine Mahlzeit in Gemeinschaft essen, einen kleinen Plausch halten, etwas menschliche Wärme spüren und auftanken, gegen die Kälte da draußen. „Eigentlich dürfte es so etwas wie hier gar nicht geben”, stellt einer der Gäste kritisch fest: „Hartz IV, zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Und der Staat gewöhnt sich daran, dass es ehrenamtliche Hilfen wie diese Suppenküche gibt.” Und die Gäste auch. „Gestern Abend kam mein Vermieter und wollte über 1 000 Euro Mietnachzahlung, Heizkosten und so. Woher soll ich das denn nehmen?” Hartz IV-Empfänger Günter Baumann wirkt verzweifelt. Was, wenn er die Summe nicht zusammen bekommt? Zum Glück haben Ingeborg Pottleschny und die anderen hier, neben einer extra Portion warmer Suppe, für derartige Sorgen ein offenes Ohr. Auch weil ihnen selbst solche Finanznöte durchaus nicht unbekannt sind.
„Für mich ist das eine Wohltat, zu wissen, dass ich gebraucht werde, dass ich etwas getan habe für andere,” stellt Köchin Karina zufrieden fest. Sind alle Gäste satt, heißt es für das Küchenteam abräumen, abwaschen, Tische abwischen, Fußböden putzen. Ist nach Stunden dann alles wieder hergerichtet, legt auch Ruth die Schürze ab und kehrt zurück in ihre Wohnung, in der seit dem Tod ihres Mannes niemand mehr auf sie wartet.
„Das Alleinsein tut weh, doch hier spüre ich die Einsamkeit nicht so sehr, hier werde ich gebraucht, und der Sonntag geht schneller um,” erklärt die 61-Jährige ihre Motivation. FHR