Steinkuhl. .
SPD-Versammlung zu Aldi-Ausbauplänen. Gastronomie konnte Aufschwung nach dem Bau der Universität nicht halten
„Wir wollen über die Gerüchteküche hinaus zu einer sachlichen Auseinandersetzung kommen, und Sie auf den aktuellen Sachstand bringen.“ betonte Gerd Lichtenberger, der Stadtbezirksvorsitzende der SPD und Ratsmitglied, als er die Versammlung des SPD-Ortsvereins zur Bebauungsplanung für das Grundstück der Traditionsgaststätte „Haus Grunewald“ im Thomaszentrum eröffnete. Die emotionale Brisanz belegte er gegenüber den 50 Besuchern mit Internet-Kommentaren. Die Absicht der Stadtverwaltung, den Abriss der Gaststätte zu Gunsten eines Neubaus des benachbarten Aldi-Marktes durch ein beschleunigtes Bauverfahren ohne Bürgerbeteiligung voranzutreiben, stieß auf wenig Gegenliebe bei den Bürgern.
Der Grundstücksausschuss stoppte das Verfahren, die Bezirksvertretung und der Ausschuss für Stadtentwicklung setzten daraufhin den Tagesordnungspunkt ab und verlangten eine Neuauflage des Verfahrens.
Vor einer Debatte darüber, wer den Stein ins Rollen brachte bei der Auseinandersetzung um den geplanten Abriss des „Grunewaldes“ für den Aldi-Markt (Rechtsanwalt Wolfgang Czapracki-Mohnhaupt und Pro Steinkuhl mobilisierten etwa zeitgleich), stand aber die Frage, was soll da gebaut werden? Projektentwickler Manfred Kösters übernahm die Aufgabe mit Hilfe von Planzeichnungen. „Der Aldi-Markt soll auf einer Gesamtfläche von etwa 3 600 Quadratmetern errichtet werden“, erklärte er. Davon entfielen 2 117 Quadratmeter auf den Privatgrundbesitz des Grunewaldes. Die restliche Fläche komme von der Stadt.
Kösters weiter: „Ein Teil des Waldes, wie in der ersten Bauplanung vorgesehen, muss nicht mehr gerodet werden, weil wir uns mit der Bauverwaltung auf eine Grenzbebauung zum Wald hin geeinigt haben.“ Der vorgelegte Entwurf zeigte zwei weitere Auflagen der Stadt. Kösters: „Wir passen den Markt deshalb an das naturnahe Umfeld an, indem wir das wellenförmige Dach begrünen und das ganze Grundstück zur Markstraße hin um 1,80 Meter tiefer legen.“
Neun ältere Bäume auf dem jetzigen Grundstück würden trotzdem für die neu anzulegenden 60 Parkplätze gefällt, aber durch Neupflanzungen ersetzt. Eine weitere Auflage der Stadt für das Projekt ist ein Verkehrsgutachten, das noch nachgeliefert wird.
Grunewald-Besitzer Siegfried Reike erläuterte mit Blick zurück, wie es zur Verkaufsabsicht kam. „Wir haben zwar mit dem Bau der Universität einen Aufschwung erlebt. Ab Mitte der 80er Jahre ebbte der aber ab“, erklärte er anhand einer Grafik. Trotz Renovierungsmaßnahmen Anfang der 90er Jahre und um 2004 durch die Familie und die Brauerei, sei der Umsatz weiter zurückgegangen. 2009 habe man deshalb einer Halbierung der Pachteinahmen zugestimmt. Der Vertrag laufe bis Ende 2011 und solle nicht verlängert werden, weil man damit nicht das Haus weiterhin in Schuss halten könne.
Claus Martin, Aldi-Immobilienverwaltung, ergänzte, dass seine Gesellschaft seit gut zehn Jahren, ein Grundstück für einen neuen Aldi-Markt suche, da der heutige Markt zu klein sei: „Das Angebot vor Ort zu bauen, kam da gerade recht.“ Der derzeitige Mietvertrag laufe am 30. Juni 2011 aus und werde bei fehlender Aussicht auf Verbesserung nicht verlängert.
„In dieser Ausführlichkeit lagen die Pläne bisher nicht vor“, kommentierte im Anschluss Lichtenberger sichtlich positiv dazu eingestellt. Die Bürger hingegen sahen das anderes. Deren zum Teil emotionale Kritik reichte von mangelnder Traditionspflege, fehlenden Treffpunkten im Stadtteil bis hin zu fehlenden Zugangsmöglichkeiten für Behinderte zum neuen Markt sowie zu absehbaren Verkehrsproblemen.