Bochum-Stahlhausen. Mit einem Wintermarkt am Thealozzi in Bochum lädt „Lunatic Circus“ zur alternativen Feier ein. Weltmusik stimmte auf eine lange Party-Nacht ein.
Vielleicht schaffen es austrainierte Enthusiasten noch, länger am Ball zu bleiben, aber länger durch eine Nacht zu tanzen, geht rein rechnerisch nicht als beim alternativen Wintermarkt und der Party zur längsten Nacht des Jahres. „Lunatic Circus e.V.“ hatte zum Kulturhaus Thealozzi an der Pestalozzistraße eingeladen. Längste Nacht, weil von nun an die Tage wieder länger werden, alternativ, weil sich alles vom vorweihnachtlich-üblichen Trubel unterschied. Schon das Ambiente war einfach und einfach anders, liegt das Theaterhaus doch an der ungewöhnlichen Stelle quasi im Autobahn-Zubringer und vorgelagert der Kleingartenanlage Am Trottenberg und dem Friedhof der Evangelischen Kirchengemeinde Eppendorf/Goldhamme.
Was aber zur Sonnenwende keine dunklen Gestalten auf den Hof des ehemaligen Schulgebäudes aus der Gründerzeit lockte, das nach dem Reformpädagogen benannt und seit vielen Jahren Kulturhaus und Kreativschmiede ist. Der „Lunatic Circus“ hat auch nichts mit Mondsüchtigen oder Schlafwandlern zu tun, das Team des Thealozzi ist vielmehr nur zu gern der Gastgeber für den „Heiligen BimBam“ gewesen.
Gleichgesinnt: „Dannmachen wir das einfach“
„Haben sich doch im Lunatic Circus Gleichgesinnte gefunden“, erläutert für die Thealozzi-Seite Schauspieler und Autor Giampiero Piria, was gut zum hier seit 37 Jahren gelebten Geist passt: „Dann machen wir das einfach.“
„Lunatic Circus“ macht es auch einfach, ein festes Programm hat der Abend nicht. Noch zum angekündigten Beginn wird eifrig aufgebaut, zu den Möbeln aus Unmengen ausgedienter Holzpaletten gesellen sich Zeltdächer,
die Bühne für die Weltmusik ist ebenfalls aus den vielseitigen Bretter-Elementen zusammengestellt.
Sonnenwende
Die Astronomie nimmt es mit der längsten Nacht des Jahres weit weniger mystisch. Der Sonnenaufgang wurde um 8.34 Uhr protokolliert, der Untergang unseres Zentralsterns um 16.25 Uhr, der Mondaufgang um 2.31 Uhr, der Untergang um 13.56 Uhr. Neumond ist bereits am zweiten Weihnachtstag, 26. Dezember, der nächste Vollmond am 10. Januar.
Die Wintersonnenwende stellt astronomisch den Beginn des Winters dar, aktuell am 22. Dezember um 5.19 Uhr. Die Sonne steht dann 23,4 Grad über dem südlichen Wendekreis. Was auf der Nordhalbkugel die Wintersonnenwende, ist südlich des Äquators die Sommersonnenwende.
Für die Pizza wird schon einmal ein Lehmofen mit Holzscheiten angeheizt, der schlicht auf einem Auto-Anhänger platziert ist. „Den BimBam machen wir jetzt schon das fünfte oder sechste Jahr“, greift Sina für die „Circus“-Truppe zurück.
Kunst und Kultur für alle
Kunst und Kultur für alle wollen sie bringen, so beschreiben es Sina und Philipp, vor allem auch zu erschwinglichen Preisen – gerade für Familien, für die ein Bummel über einen handels-üblichen Weihnachtsmarkt finanziell nicht in Frage kommt. Das „Wohlfühl-Ambiente“, das schon beim fast traditionellen Lazy-Dub-Festival im Stadtpark im Zentrum stand, hier findet es seinen Platz auch im feucht-kühlen Dezember. „Dabei haben wir richtig Glück mit dem Wetter“, erklärt Philipp. „Wir sind sonst bei Veranstaltungen schon ziemlich Regen erprobt“.
Workshops, Events und Installationen
Ein „Konglomerat von vielen und vielem“, so umschreibt er den Verein und seine Angebote, der Workshops, Familien-Events und Installationen mit Licht, im Raum oder schlicht für Partys im Programm hat. Alles andere entwickelt sich eben einfach, wie hier zur längsten Nacht des Jahres.
Ein paar Stände nur umfasst der Wintermarkt, Kunsthandwerker, die zum erweiterten Kreis des Vereins gehören. Scarlett Anft etwa präsentiert handgemachte Unikate aus ganz verschiedenen Hölzern, „für die aber kein Baum gefällt werden musste, alles nur gefunden“, wie sie unterstreicht. Schmuck und Wohnaccessoires hat sie mitgebracht, einen kleinen Schwerpunkt bilden Produkte aus Zirben-Kiefern-Holz. Das findet sich ab etwa 1500 Metern Höhe in den Alpen und wird auch gern für besondere Musikinstrumente verwendet.
Feuerkorb und handgemachte Musik
Während es langsam für die Familien mit kleinen Kindern Zeit wird, den Heimweg einzuschlagen, versammeln sich die Freunde und Fans der langen Nacht um den Feuerkorb mitten auf dem Hof. Handgemachte Musik auf kleinen Trommeln oder der sphärisch klingenden Metall-Halbkugel, einer „Hand Pan“ stimmt langsam ein auf die Zeit kurz vor Mitternacht. Dann soll auf zwei Floors bei verschiedenen DJ-Sets getanzt werden, entweder auf dem Psy-Trance-Floor mit UV-Deko und „exquisiten Bässen“ oder gleich gegenüber in dem alten Klassenzimmer im „Techno-Paradies“. Alles für den Reiz der längsten Nacht des Jahres.
Nach dem Erfolg der „Blauen Stunde“ im Thealozzi steht am 14. Februar in der Reihe der (langen) Literaturnächte „Idiotenaquarium“ diesmal das Thema „Lächeln“ im Zentrum.