Steinkuhl. Die Sammlung von Rainer Prodöhl zeigt, wie vielfältig das Christentum weltweit ist. Spannend sind oft die kleinen, aber hochsymbolischen Details.

Weihnachten, das bedeutet: draußen Schneetreiben, drinnen der Tannenbaum, davor die Krippe mit dem Christuskind. Zumindest bei uns. Wie unterschiedlich Weihnachten weltweit gefeiert wird, welche Perspektive Menschen rund um den Globus auf ihren Glauben haben, zeigt eine Ausstellung in der Kapelle der Kirche St. Martin: Krippen aus über 80 Ländern hat Rainer Prodöhl zusammen getragen, von Tschechien bis Indonesien, von Afrika bis Peru.

R
R

„Krippen sind gefrorenes Theater“, sagt der ehemalige Religionslehrer. An einer Krippe aus Tschechien zeigt er, was er damit meint: Es ist eine aufwendige Darstellung, mit über 50 kleinen Figuren, die Berufsgruppen der frühen Neuzeit abbilden. Einige schauen in Richtung des Stalls mit dem Christuskind, andere wenden sich ab, ein Trinker registriert gar nicht, was passiert. „Das Interessante ist ja: Je nachdem, wie ich die Figuren anordne, transportiere ich eine ganz andere Aussage“, sagt Prodöhl. Einen der beiden Biertrinker hat er etwas in Richtung Christuskind positioniert, „zur Ehrenrettung.“

Symbolische Details

Abgesehen vom enormen Figurenaufgebot ähnelt die tschechische Krippe der unseren doch sehr. Es gibt aber auch exotischere Varianten: zum Beispiel eine indonesische Darstellung der Jesus-Familie, aus Schilf. „Kein Zufall“, erklärt Prodöhl: Der Evangelist Matthäus, „ein genialer Schriftsteller“, habe Jesus als eine Art zweiten Moses inszeniert, als neuen Erlöser des Volkes Israel und der Menschheit. Und Findelkind Moses kam ja in einem Schilfkorb zur ägyptischen Königsfamilie. Darauf nehme diese Krippe Bezug.

Geburt Jesu in einem Iglu mit Eisbären

Viele Krippen verraten viel über die jeweilige Herkunftskultur: zur Geburt Jesu in einem Iglu statt Stall strömen natürlich Eisbären und Elche, in den peruanischen Darstellungen tragen Maria und Josef die traditionelle Kluft der Anden-Bewohner. Aber auch auf symbolischer Ebene gibt es viel zu entdecken: Eine Krippe aus Bangladesch zum Beispiel stellt das schlafende Jesus-Kind abstrakt als Leben spendendes Samenkorn dar. Oder das gesamte Krippen-Szenario befindet sich in einem eiförmigem Gehäuse – das Ei ist ein Symbol für Leben, das sogar noch viel älter als das Christentum ist.

Gerade diese Details sind es, die das Sammeln von Krippen für Prodöhl so spannend macht: Man lerne, dass Weihnachten und Christentum weltweit unzählige unterschiedliche Formen angenommen hat, kurzum: „Es erweitert unseren Blick.“

Krippen sind bis zum vierten Advent zu sehen

Bis zum vierten Advent (18. Dezember) sind die Krippen aus in der Kapelle der Kirche St. Martin zu sehen, Am Langen Seil 120, täglich von 15 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Empfehlenswert ist eine Führung mit Krippen-Experte Prodöhl, erreichbar unter Tel. 0234 382741.