Weitmar. Schauspieler der „Hottenlotten“ begeistern mit Improvisations-Theater im Kulturhaus Thealozzi. Szenen auf Zuruf aus dem Publikum
André Dinter hat ein schlimmes Verbrechen begangen. Eingeschüchtert kauert er auf einem Stuhl, während ihn Dorian Bako (als Bad Cop) und Melanie Toth (als Good Cop) in die Mangel nehmen – vergebens. Also muss Boris ran, der unsichtbare Folterknecht.
Den gibt es natürlich nicht wirklich, und André Dinter ist nicht Verbrecher, sondern Schauspieler. Die ganze Nummer war Teil der improvisierten Show der Hottenlotten im Kulturhaus Thealozzi.
„Wo habt ihr den denn aufgegabelt?“ fragt Dinter entsetzt, als er mit Pantomime und viel schwarzem Humor Boris’ Opfer mimt. „Aus Wanne-Eickel“, antwortet Bad Cop Dorian Bako trocken. „Guantanamo war gestern.“
Das Verbrechen, das Dinter zur Last gelegt wird, muss er selber auf der Bühne erraten. Er hat ein Eichhörnchen gehäutet, um daraus eine Handtasche für feine Damen zu machen.
Die Idee kommt aus dem Publikum. So wie bei allen Nummern an diesem Abend: Auf Zurufe spielen die vier Schauspieler mal ein Blind-Date mit ebenso gravierender wie unterhaltsamer Persönlichkeitsstörung oder improvisieren die Geschichte eines entlaufenen Esels auf der Herner Straße.
Wenn jemand bei der improvisierten Geschichte ins Stocken kommt, darf das Publikum laut „Stirb!“ rufen – und der Schauspieler muss pantomimisch ein Ableben nach Wahl des Publikums auf die Bühne bringen. Monika Gornich zum Beispiel stürzt beim Klettern ab, begleitet von alpiner Musik aus dem Keyboard von Sebastian Fuhrmann.
Der ist für die musikalische Begleitung der Spiele zuständig. Dies geschieht übrigens ebenso spontan wie der Rest des Abends: Wenn Dorian Bako auf Zuruf einen vertrottelt wirkenden Mann mimt, der sich in der Damentoilette verläuft, sorgt Fuhrmann für launige Musik wie aus einem Donald-Duck-Cartoon. Für das Herzklopfen bei Panikattacken im Fahrstuhl greift er zum Cajon.
Wie gut Schauspieler und Musiker aufeinander eingespielt sind, ist spätestens bei der Inszenierung des heiteren Frühlingsliedes „Im Märzen der Bauer“ zu sehen und zu hören – auf Publikumswunsch einmal wild euphorisch, als Liebesschnulze und in der Hardrock-Version: Die besungene Egge wurde zur „Egge of Anger“ und Dorian Dako brüllt sich in bester Heavy-Metal-Manier die Seele aus dem Leib.
Die Hottenlotten stehen übrigens schon seit 24 Jahren auf der Bühne, in wechselnder Besetzung. Dorian Dako und André Dinter sind seit Anfang an dabei.
Diesen Monat sind die Hottenlotten noch einmal zu sehen, und zwar am Sonntag, 24. April, im Restaurant „La Posta“ in Linden, mit ihrer Krimi-Dinner-Impro Show „Mordart à la carte“. Informationen: www.hottenlotten.de
Vorformen gab’a in der griechischen Antike
Vorformen des Impro-Theaters gab es schon im Theater der Renaissance und sogar in der griechischen Antike.
In der heutigen Form populär gemacht hat es der britische Dramaturg Keith Johnstone: In den 70ern prägte er den „Theatersport“, bei dem zwei Schauspieler-Gruppen vor Publikum um die Wette improvisieren.