Stiepel. . Karl-Heinz Witthüser regiert weiter die Stiepeler Schützen. Er holte den Adler herunter, den er zuvor in Handarbeit selbst gebaut hatte
Apfel, Zepter, Krone, linker Flügel, rechter Flügel, Schwanz und Hals: Bis das Königsschießen als Höhepunkt des Schützenfestes in Stiepel beginnen konnte, musste der Adler in luftiger Höhe viele hölzerne Federn lassen. Von 11 Uhr vormittags an reihten sich die rund 100 Schützen der sieben Kompanien des Traditionsvereins BSV 1854 in die Schlange am Schießstand ein. Knapp fünf Stunden später konnten sie ihrem neuen-alten König zujubeln: Karl-Heinz Witthüser besetzt zur Überraschung vieler bereits zum zweiten Mal hintereinander den Thron.
Der 59-Jährige kennt die Aufgaben, die jetzt auf ihn und seine Königin Marlies (57) zukommen, bestens. Er hatte den Verein bereits in den vergangenen Jahren in Doppelfunktion repräsentiert: Als gewählter 1. Vorsitzender war er für organisatorische Belange zuständig, als König standen zahlreiche weitere Termine bei den eigenen Kompanien und befreundeten Vereinen an. „Wer König ist, braucht drei Jahre lang seine Wochenenden nicht mehr selbst zu planen. Das machen dann andere“, scherzte er. Doch diese Pflichten habe er mit Freude übernommen.
Den Vogel hatte Witthüser übrigens in über 20 Stunden Arbeit selbst gebaut. Bereits seit 1991 schnitzt und drechselt er die Adler für den Verein in mühsamer Handarbeit. „Das ist schon ein bisschen traurig, wenn man sieht, wie das eigene Werk zerschossen wird“, sagt er halb scherzhaft. Immerhin durfte er den Rumpf seines Adlers in diesem Jahr einmal mehr selbst in den Händen halten.
Für Sportschützen locken weitere Wettkämpfe
Der BSV 1854 Bochum-Stiepel hat derzeit etwa 400 Mitglieder. Trainiert wird in sieben Kompanien. Kinder üben mit Laserwaffen. Interessenten sind jederzeit willkommen.
Jährlich werden mehrere Vergleichsschießen sowie ein jährliches Wettschießen um den vom König gestifteten Pokal ausgerichtet. Informationen unter: www.bsv-bochum-stiepel.de
Auch Königin Marlies Witthüser, selbst Sportschützin, ist eng mit dem Verein verbunden. Sie trainiert in einer Damengruppe, die an die Kompanie ihres Mannes angeschlossen ist. Laut Satzung aber, so heißt es bei den Schützen auf Nachfrage, sind Frauen nur inoffizieller Bestandteil des Vereinslebens. Schießen, vor allem beim Schützenfest, ist in Stiepel – im Gegensatz zu zahlreichen anderen Vereinen – noch eine reine Männersache.
So will es die über 160 Jahre alte Tradition, an der bislang nicht gerüttelt werden soll. „Frauen sind das schmückende Beiwerk“, sagt Königin Marlies lächelnd. „Das ist gleich im Zelt schön zu sehen.“ Ihre feierliche Robe für die Inthronisierung hatte sie im Vorfeld längst bereitgelegt.
Während der Ausgang des Königsschießens im kleinen Kreis meist vorher schon feststeht, gibt es bei Schützenfesten aber auch echte Überraschungen. Besonders begehrt sind die zwei zusätzlichen Ehrenscheiben an den Flügeln des Adlers. Abgeschossen wurden sie von Herbert Droste und Werner Haarmann, der mit 92-Jahren seine erste Trophäe holte.