Nord. . Bezirksbürgermeister Heinrich Donner sieht in der Unterbringung von Flüchtlingen und deren Akzeptanz einen Schwerpunkt seiner Arbeit. Verkehrskonzept für den gesamten Bochumer Norden bleibt für ihn eine zentrale Forderung.

Nord. Er durchstreift seinen Sprengel am liebsten zu Fuß, fährt ansonsten Bus und Bahn: Heinrich Donner (63) schätzt es, Menschen unaufgeregt zu begegnen. „Ich versuche, viel Abwechslung in mein Leben zu bringen, das hält geistig fit.“ Donner war Ahnenforscher, ist Donaldist (Donaldisten beschäftigen sich mit Entenhausen, insbesondere mit den Geschichten Carl Barks’), und neuer Bezirksbürgermeister im Bochumer Norden. WAZ-Redakteurin Sabine Vogt sprach mit ihm.

Wie ist ihr persönlicher/politischer Werdegang?
Ich wurde in Riemke geboren, wohnte in Hofstede und Grumme. SPD-Mitglied wurde ich am 1. Mai 1970, war im Ortsverein Hofstede. Mit dem Umzug nach Bergen kam ich zum OV Hiltrop, dessen Vorsitzender ich Anfang des Jahres wurde. Ich bin verheiratet, habe einen Sohn. Mein Geld verdiene ich als Sachgebietsleiter im Finanzamt Witten. In der Bezirksvertretung sitze ich seit 1995. Als Bezirksbürgermeisterin Susanne Mantesberg signalisierte, dass sie in den Rat wollte, sagte ich Ja.

Was sind für Sie die wichtigsten Themen dieser Amtsperiode?
Allen voran die Flüchtlingsunterbringung. Auch im Norden wird es einen Standort für etwa 120 bis 150 Leute geben. Wir wollen sie begleiten, ich möchte Patenschaften anregen, wir wollen offensiv auf die Bevölkerung zugehen, Bürgerversammlungen machen, zum Engagement einladen, Ängste ernst nehmen. Ghettobildungen müssen vermieden werden. Zudem brauchen wir endlich, was ich seit Jahren fordere, ein Verkehrskonzept für den gesamten Norden.

Wo wollen Sie Akzente setzen?
Es war immer mein Antrieb, mich um den Norden zu kümmern. Jugend, Schule, Bildung: Da darf nicht gespart werden. Alle Schulformen sind vorhanden. Verbesserungen sind nötig in der Stadtentwicklung, auch sollten unsere Grünflächen mehr Beachtung bekommen.
Was macht den Bezirk Nord aus, was läuft, sollte ausgebaut werden?
Nord ist strukturell gut aufgestellt. Wir haben überdurchschnittlich viele Familien mit Kindern, einen geringeren Hartz-IV-Anteil als in der Gesamtstadt. Also sollten der Status Quo gepflegt, gewachsenen Strukturen ausgebaut werden.

Was sollte sich ändern, was macht Ihre persönlichen Handschrift aus?
Ich hätte gern mehr Flächen für Einfamilienhäuser, Potenzial ist vorhanden. Wir entwickeln die ehemaligen Kalksandstein-Werke, doch es gibt auch andere Areale.

Der Bezirk Ost bietet Sprechstunden für Jugendliche an; ein Beispiel, das aufgegriffen werden sollte?
Sprechstunden für Jugendliche wird es auch im Norden geben. Und zwar schon am Mittwoch, 5. November, 16-16.30 Uhr, dann folgt die normale Bürgersprechstunde bis 18 Uhr.
Wie könnte man Prozesse beschleunigen, wo die Zusammenarbeit mit der Verwaltung forcieren?
Die Zusammenarbeit mit der Verwaltung in unserem Bezirk läuft gut. Mich stören nur die Hemmnisse, die die Bürokratie aufstellt, wie es die Werbegemeinschaft Gerthe mit ihren Blumenkübeln erleben musste. Wir können die Leute doch nicht abschrecken, sondern sollten bürgerschaftlichen Einsatz stützen.

Infrastruktur, Wirtschaftsförderung – wo drückt der Schuh?
Die Entwicklung auf Lothringen IV geht mir zu langsam voran. Es gibt Freiflächen für Neuansiedlungen. Die Infrastruktur müsste besser präsentiert werden, um Nord Unternehmern schmackhaft zu machen.

Städtebauliche Prioritäten: Welche Vorhaben nutzten dem Norden?
Auf Lothringen V etwa gelte es, Akademiker anzulocken. Dazu müssen wir auch mit unseren Pfunden wuchern, wie Schauspielhaus und Musikzentrum. Wir haben hier im Norden kulturelle Kleinode. Doch so ein richtiger Knaller, das würde mir gefallen.

Welche Schandflecken in den Norder Ortsteilen stören seit langem?
Die alte Apotheke in Gerthe. An der Ecke Castroper Hellweg/Lothringer Straße ist das Gebäude auf dem Präsentierteller. Mehrfach wurde der Besitzer angesprochen, er lässt es verkommen. Dank einer Gesetzesänderung ist es künftig für Kommunen einfacher, Eigentümer zu verpflichten, initiativ zu werden. Teilweise geht Gefahr von solchen Ruinen aus. Schandflecken sind auch die wilden Müllkippen, etwa auf dem Parkplatz Hunsrückstraße.

Wie lässt sich die Verkehrsfrage der Ruhrpark-Nachbarn lösen? Wie die am Harpener Hellweg und Dietrich-Benking-, Frauenlob-, Wiescherstraße/Im Hagenacker?
Es gilt: Ohne ein Gesamt-Verkehrskonzept kommen wir nicht weiter. Vorläufig wird’s ja lediglich eine Arbeit von Studierenden geben, die die Situation und die Belastung in den Stichstraßen zum Ruhrpark untersuchen. Auf Drängen des Bezirks Nord wird die Kreuzung Dietrich-Benking einbezogen, ebenso der Harpener Hellweg. Dort hat es schon geholfen, dass durch die Markierung für Radfahrer das Parken am Straßenrand wegfiel.

Wie kann man die Innenstadt Gerthe, wie den Wochenmarkt beleben? Der Bezirk hat beschlossen, 20 000 Euro seiner Eigenmittel für die Pflasterung des Marktes auszugeben. Der verschlossene Kiosk könnte als Info-Zentrum oder Erzählcafé genutzt werden. Er gehört der Stadt, steht seit Jahren leer. Der Wochenmarkt muss mindestens mit acht bis zehn Ständen bestückt werden. Die „Konkurrenz“ zwischen Gerthe-Mitte und dem Nahversorgungsangebot auf Lothringen müsste gedämpft werden, indem der Durchgang einlädt, in die Fußgängerzone zu kommen.

Wie sehen Sie die Chancen für einen Bürgertreff im Amtshaus Harpen?
Der Ball liegt nun beim Förderverein. Der muss als Ankermieter ein schlüssiges Nutzungskonzept präsentieren. Dann ist der Bezirk auch bereit, als Anschubfinanzierung bis zu 220 000 Euro zu geben.

Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit der Koalition, wie die mit der Opposition im Bezirk?
Zur Koalition ist zu sagen, dass wir bereits in der vorigen Amtsperiode eine gute Zusammenarbeit hatten. Die Schnittmenge unserer Interessen ist ausreichend. Bisher kann ich die Zusammenarbeit mit der Opposition als konstruktiv bezeichnen. Sie ist sachbezogen, was mögliche ideologische Streitpunkte weitgehend ausschließt.

CDU: Gesunde Konkurrenz zur Koalition im Bezirk Nord 

Andreas Konze (44) ist CDU-Fraktionschef im Bezirk Nord. Dort war er bereits von 1999 bis 2009 Mitglied. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder, arbeitet als Kaufmann bei einem Bildungsträger.

Wo setzen Sie persönlich die Schwerpunkte für die Arbeit der nächsten Jahre?
Konze: Im Erhalt der Infrastruktur, der Schulen, aber auch Öffnungszeiten der Büchereien. Durch den Sparhaushalt besteht stets die Gefahr, dass irgendwo der Rotstift angesetzt wird. Doch es gilt, vernünftige Strukturen zu erhalten, die den Norden lebenswert machen.

Was ist das größte Problem, das die Bezirkspolitik beschäftigt?
Es gibt kein Geld. Bei der Verteilmasse gebt’s nur um kleine Beträge, um das Gröbste abzudecken, da haben wir nicht viel Handlungsspielraum. Das zeigt sich schon bei der Hochbausanierung: Gestalten ist nicht möglich, wir können höchstens die größten Löcher stopfen.

Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit der Koalition aus SPD/Grünen?
Die Zusammenarbeit auf bezirklicher Ebene sehe ich als gesunde Konkurrenz. Es herrscht gegenseitiges Vertrauen, das ist wohl das Beste für den Bezirk Nord.