Gerthe. . Der frühere Spitzenpolitiker Franz Müntefering besucht die Seniorinnen der Gerther SPD und plaudert mit ihnen fröhlich über Fitness im Alter. Er gibt sich dabei locker-flockig und erobert die Damen mit seiner kumpeligen Art im Sturm. Zudem gibt’s vom ehemaligen Vizekanzler wertvolle Tipps
Er kommt mit einer Botschaft. Voller Elan wird er diese verkünden. Mit Schwung betritt Franz Müntefering das Kulturrat-Gebäude, wo sich einmal im Monat die Senioren des Gerther SPD-Ortsvereins zum Frühstücken treffen. Dort wird er gleich referieren. Es geht um das Älterwerden in der heutigen Gesellschaft. Über die Eisbrecher-Frage „Wie geht es Ihnen, Herr Müntefering?“, lacht er nur: „Wenn’s so bleibt, kann es noch zwanzig Jahre so weiter gehen.“
Der Ex-Vizekanzler Franz Müntefering hat die Lacher auf seiner Seite, gibt sich ganz lässig und hört sich geduldig Fragen und Bedenken in der lockeren Diskussionsrunde bei Kaffee und Brötchen an. Er fängt an zu plaudern. Noch im vergangenen Jahr hat er sein Sportabzeichen abgelegt, verrät er. „Koordination“ war die letzte abzulegende Disziplin. Müntefering entschied sich für das Seilchenspringen.
Körperliche Aktivität sei ihm wichtig: „Ich halte mich mit täglicher Bewegung fit.“ Das legt er auch seinen Zuhörern nahe. Die Bewegung der Beine ernähre das Gehirn, ist er sich sicher: „Es reicht nicht, Kreuzworträtsel im Schaukelstuhl zu machen.“ Wieder lachen die Senioren. Vielleicht auch, weil sich einige auf eine charmante Weise ertappt fühlen.
„Den inneren Schweinehund zu überwinden, ist manchmal schwer, aber ihr könnt euch zusammen tun und einen gemeinsamen Spaziergang machen.“ Die Runde duzt sich, das wirkt authentisch. „Er ist auch irgendwie eine Art Kumpel-Typ“, findet Gisela Treffer, die immer am Seniorenfrühstück teilnimmt. Alle Zuhörer lauschen gespannt, wie es weiter geht. Es ist sehr still. „So konzentriert hat die Runde schon lange nicht mehr zugehört“, weiß Renate Saxarra, die Seniorenbeauftragte vom Ortsverein Gerthe. Sie organisiert das Frühstück und hat Müntefering persönlich eingeladen.
„Münte“ nimmt gerne die U35
Weiter im Vortrag. Der Ex-Politiker erzählt von seinem kleinen Enkelsohn Tom, der schon ganz schön viel vom Googeln und von Smartphones versteht. „Familien sind der Kern der Gesellschaft und durch die neuen Medien dürfen wir das gute alte Gespräch nicht in Vergessenheit geraten lassen“, mahnt der 74-Jährige aber. Es sei immens wichtig, soziale Kontakte zu pflegen. Er muntert die Senioren auf, sich ehrenamtlich zu engagieren und so „unter die Leute“ zu kommen, denn Einsamkeit wünsche er keinem. Obwohl er sich aus der aktiven Politik verabschiedet hat, sei er noch viel unterwegs. „Aber ich entscheide jetzt selbst, welche Termine ich wahrnehme“, verrät er.
Für die Öffentlichkeit ist er in seinem zu Hause in Herne nur per Fax zu erreichen. „Münte“ ist bodenständig und benutzt gerne die U35: „Die ist doch praktisch. In wenigen Minuten bin ich am Bochumer Hauptbahnhof und dort fahren alle paar Minuten Züge in alle Himmelsrichtungen ab.“