Alsenstraßen-Gärtner ziehen mit ihren Pflanzen auf das Gelände der leerstehenden Kindertagesstätte. Mitmachen ist erwünscht
Mitte. Zeitnah, so hieß es noch im vergangenen Herbst, sollte die leerstehende Kita an der Alsenstraße, in schlechtem baulichen Zustand und asbestverseucht, abgerissen werden. Allein, es fehlt das Geld. Und so machen Anwohner und Wohnzimmer Alsenstraße aus der Not eine Tugend: Der Gemeinschaftsgarten zieht auf das Gelände.
„Das war von Anfang an unser Favoritenstandort“, sagt Martin Krämer von „Gemeinschaftsgarten e.V.“ Der Verein hat sich bei der Stadt rund um den Pavillon 365 Quadratmeter vertraglich als Zwischenlösung gesichert, hinzu kommen weitere gut 200 qm hinter dem Haus der Begegnung.
Der Wunsch, dass Alt und Jung zusammen gärtnern, war unlängst schon im ersten Quartiersgespräch laut geworden, bei dem ca. 30 Nachbarn über die Nutzung des Geländes Düppelstraße diskutierten. Denn inzwischen steht fest: Die Kita-Baracke wird wohl nicht vor 2015/2016 abgerissen. Die Stadt plant, danach die Freifläche dem angrenzenden Spielplatz zuzuschlagen; bis dahin aber gibt es einen Nutzungsvertrag für den Verein „Gemeinschaftsgarten Bochum“. Der hatte Ende April Bepflanzungen namens „Grüne Bühne“ vor dem Schauspielhaus in Szene gesetzt in Kooperation mit dem Zukunftsprojekt „Natürliche Ästhetik trifft urbanen Raum“ (n.a.t.u.r.) und dem Detroit-Projekt.
Am Donnerstag nun zogen die Gärtner mit allen Beeten und Pflanzkübeln um. Ab sofort darf sich jeder, dem für das Abendessen noch Salbei oder ein Salatkopf fehlen, hier bedienen. „Natürlich nicht ganze Pflanzen mitnehmen, das widerspräche dem Gemeinschaftsgefühl“, sagt Nina Selig. Aber nicht nur ernten, auch säen und pflegen kann jeder.
„Wer mitmachen will, braucht weder einen grünen Daumen noch Vorkenntnisse“, versichert Britta Meier. Sie hält dieses Projekt für ideal, zumal ihr selbst die Zeit für einen eigenen Garten fehlte. Ab sofort sind die Gemeinschaftsgärtner jeden Samstag ab 11 Uhr im Hinterhof an der Alsenstraße 19a anzutreffen. „Einfach vorbeikommen, egal, ob Kinder oder Rentner“, sagt Meier.
Die Keimzelle des Vereins liegt im Alsenwohnzimmer. Dort entstand vor gut eineinhalb Jahren die Idee, Gärten für alle anzulegen. Weil ein Grundstück dafür erforderlich war, wurde dann der Verein gegründet. „Die Stadt brauchte einen festen Ansprechpartner“, so Meier. Doch adäquate Angebote gab’s keine. Bei der Gründung legten die Gärtner fest: Die Beete sollen generationsübergreifend und interkulturell gepflegt werden; also keine Aufteilung in eigene Parzellen wie in Schrebergärten, sondern gemeinschaftliches Pflanzen und Nutzen, getrennt nur nach Gemüsesorten. Den bescheidenen, erfindungsreichen Start machte der Verein mit mobilen Beeten (in Einkaufswagen, Kisten und auf Tapeziertischen) und „hängenden Gärten“: Paletten, die an Bäumen befestigt werden. Solche hängen voller Kräuter etwa vor dem Alsenwohnzimmer.
Bislang gibt’s hier also Blumen, Salate, eine Fülle von Kräutern, Kartoffeln, Spinat, Möhren; gestern wurde die erste Kohlrabi geerntet. „Wir haben Pflanzenspenden erhalten, Gerätschaften geschenkt bekommen, andere ziehen Ableger auf ihrer Fensterbank und bringen sie vorbei“, so Meier. Um das Projekt bekannter zu machen, sind in dem lauschigen Hinterhof Veranstaltungen geplant wie gemeinsames Kochen der Ernte, Grillen, Beete anlegen für Kinder, Lesungen rund ums Thema Garten.