Alfons Bromkamp beschäftigt in seinem Unternehmen „Call & Sales“Menschen mit Behinderungen. Ihr Anteil am Team nimmt zu

Mitte. Fachkräfte mit Behinderung haben ein weit unterschätztes Potenzial, findet Alfons Bromkamp. Seit er mit seinem Unternehmen im Juli 2012 eine Etage im Stadtwerke-Haus in der City bezog, gilt: Inklusion bringt Vorteile, für beide Seiten.

Mit einer Handvoll Mitarbeiter startete er das Call-Center; die Rollstuhlfahrerin Sabine Scholl sammelte dort ihre ersten Berufserfahrungen überhaupt, nachdem sie über lange Zeit nirgends einen Arbeitsplatz finden konnte. Branchenfremd, wurde die junge Frau eingearbeitet, nach der Probezeit übernommen und ist heute bei „Call & Sales“ im internen Con­trolling tätig.

Nun sitzt wieder eine Rolli-Fahrerin am Empfang: Siham Bijjou (32) ist ausgebildete Bürokauffrau. Täglich nimmt sie mindestens eine Autostunde von Düsseldorf nach Bochum in Kauf. Sie war über die Stiftung „My Handicap“ auf Alfons Bromkamp als Arbeitgeber mit Hang zur Inklusion aufmerksam geworden. „Bislang hatte ich zumeist nur Zeitarbeitsverträge.“ Bei „Call & Sales“ hingegen ist sie – unbefristet – als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt. „Hoch qualifiziert“, wie ihr Chef anfügt.

Dritter im Bunde ist Jörg Straßek (31), der einzige, der in der Telefonie eingesetzt wird. Der Bottroper wechselte vor zwei Monaten vom Mülheimer Standort des Unternehmens (ein dritter ist in Görlitz) nach Bochum. Tatsächlich sei sein Chef der Grund, wie er versichert: „Hier werde ich mit meinen Bedürfnissen respektiert. Wenn etwa ein Arztbesuch während der Arbeitszeit ansteht, gibt’s hier keinerlei Widerstände.“

Bromkamp hat den Arbeitskreis Inklusion im Call-Center-Verband mit begründet. Er sagt: „Es gibt Vorurteile auf beiden Seiten. Einige Unternehmer kaufen sich lieber von der Verpflichtung frei, einen bestimmten Anteil Behinderter zu beschäftigen. Auf der anderen Seite genießen auch Call-Center keinen allzu guten Ruf.“

Am Standort Bochum, in der siebten Etage im alten Stadtwerkehaus an der Massenbergstraße, arbeiten inzwischen 30 Mitarbeiter. Weiter wachsen soll er noch etwas. Doch mehr als 100 Leute sollen es nicht werden. Alfons Bromkamp: „Es soll ein familiärer Betrieb bleiben. In großen Teams würden Mitarbeiter mit Handicap untergehen.“ Denn es sollen noch mehr werden, wie er versichert. Dass er bislang nur Rollstuhlfahrer eingestellt hat, sei ein Zufall.

„Wir wollen das Signal geben: Wenn es da draußen jemanden gibt, der einen Job sucht, soll er sich melden.“ Dabei sei eine Qualifizierung keine Bedingung: „Wichtiger ist für Bewerber der Spaß an Kommunikation; das Handwerkszeug bringen wir ihnen schon bei.“ Das sagt der Arbeitgeber nicht, weil er den sogenannten Eingliederungszuschuss mitnehmen will, den die Jobcenter den Unternehmern für die Beschäftigung Behinderter zahlen. Für Siham Bijjou etwa hatte er nie eine Förderung beantragt. „Warum auch? Die ist doch eine perfekte Vollkraft.“